(München, 16. Mai 2011) Das Tourismusjahr 2010 war aus Sicht der Branche ausgesprochen erfreulich. 2010 setzte die deutsche Tourismuswirtschaft insgesamt 48,05 Milliarden Euro um – soviel wie nie zuvor. Dies geht aus einer Untersuchung des Münchner Marktforschungsinstitutes Ulysses Web-Tourismus hervor. Gegenüber dem von den Auswirkungen der Wirtschaftskrise stark betroffenem Jahr 2009 wuchs der Tourismusumsatz um rund 2,8 Milliarden Euro (+6,1%), während der Online-Tourismus im gleichen Zeitraum sogar um 7,9 Prozent auf nun 20,1 Milliarden Euro anstieg. Das bedeutet, daß in Deutschland inzwischen 41,7 Prozent aller im Tourismus erzielten Umsätze über webbasierte Lösungen erwirtschaftet werden. Im Endkonsumentenbereich (B2C) ist allein der Tourismus für über ein Viertel des gesamten deutschen Ecommerce von rund 50 Milliarden Euro verantwortlich.
Die allgemeine Entwicklung des Tourismus war 2010 sehr vielversprechend. Die Deutschen selbst zeigten sich gewohnt reisefreudig. Von Krisenstimmung oder Auswirkungen der Krise konnte nicht die Rede sein. „Am besten entwickelten sich 2010 die Reiseveranstalter“, erklärte Ulysses-Chef Dominik Rossmann. Die deutschen Veranstalter konnten im Vergleich zu 2009 ein hervorragendes Umsatzwachstum von über neun Prozent auf rund 21,1 Milliarden Euro verzeichnen – auch das ein Rekordwert.
Die Transportbranche hingegen stagnierte, was vor allem der eher unterdurchschnittlichen Entwicklung des Flugsektors geschuldet war. Während sich der Linienflug noch einigermaßen positiv entwickelte, mußten vor allem die Billigflieger – struktur- und marktbedingt – erneut Einbußen hinnehmen. Auch die Hotellerie verzeichnete im Vergleich zum Vorjahr ein deutliches Plus von fast sechs Prozent. „Hätte der Flugsektor 2010 nicht geschwächelt, wäre der Online-Gesamtumsatz sicherlich deutlich höher ausgefallen“, so Rossmann. „Denn bisher war gerade der Transportbereich stets die Lokomotive im Online-Tourismus.“ Befragt nach ihren Zukunftsaussichten und Prognosen ist sich die gesamte Branche zumindest darin einig, daß vor allem die sozialen Netzwerke eines der wichtigsten Investitionsfelder der nächsten Zeit darstellen. Die Dynamik in diesem Bereich war 2010 außergewöhnlich hoch und viele Unternehmen haben den Schritt inzwischen gewagt. „Als sehr vielversprechende Innovations- und Investitionsfelder gelten der M-Commerce und die Apps“, sagte Rossmann weiter. „Diese spielen vor allem bei den primären Leistungsträgern, also bei Hotels und im Transport, eine wichtige Rolle für Zukunftsinvestitionen.“
Transport schwächelt – Veranstalter online stark
Obwohl sich der Transportsektor eher schwach entwickelte, ist er nach wie vor für fast die Hälfte alle Online-Umsätze verantwortlich. Die Hotellerie entwickelt sich weiter sehr gut im Onlinegeschäft und erwirtschaftet mehr als ein Viertel aller touristischen Web-Umsätze. Die Veranstalter erzielten zwar das stärkste Online-Wachstum, liegen aber dennoch rund 0,5 Milliarden Euro hinter der Hotellerie. Das spiegelt sich auch in den Aussagen der Branche wieder. Befragt danach, was denn die profitabelsten Reiseleistungenseien, nannten 21,4 Prozent die reine Hotelleistung knapp vor der reinen Transportleistung (20,5%). Deutlich in der Einschätzung ist auch wieder die klassische Pauschalreise gestiegen, die in der Vergangenheit eher als unlukrativ betrachtet wurde. „Das Bild bleibt seit Jahren nahezu gleich“, so Rossmann, „die beiden Primärleistungen Transport und Hotel sind für rund die Hälfte der Touristiker stets die lukrativsten Leistungen. Dafür sprechen deren Einfachheit und Selbsterklärbarkeit. Alles was nicht kompliziert ist beim Buchen wird von den Kunden schnell verstanden und gerne angenommen.“ In bezug auf die Top-Tourismus-Trends 2011, äußerte sich die Branche recht eindeutig. Rund drei Viertel der Tourismusmanager nannten die Städtereisen gefolgt mit deutlichem Abstand von den Wellnessreisen. Was deren mittelfristige Zukunftschancen anbelangt, ist sich die Branche ebenfalls einig. Sowohl der Städte- als auch der Wellnesstourismus werden in ihrer Bedeutung in den nächsten drei Jahren abnehmen, während insbesondere der höherwertige Gesundheitstourismus, genauso wie der Abenteuer- und Kulturtourismussteigen werden.
M-Commerce und Apps sind Investitionsfelder der näheren Zukunft
Die deutschen Reiseveranstalter erholten sich nach dem sehr schwierigen Krisenjahr 2009 hervorragend. Dies spiegelt sich auch in ihrer Online-Performance wieder. Für den Markt der Veranstalter hatte die Krise durchaus auch positive Effekte. Sie half bei der Marktbereinigung einerseits und drängt andererseits die Veranstalter dazu längst überfällige Änderungen in Angriff zu nehmen. Während manche Veranstalter das Jahr nicht „überlebten“ gingen einige gestärkt aus der Krise hervor. „Die Veranstalter haben in den letzten Jahren viel in ihr Online-Geschäft investiert und deutlich aufgeholt“, erklärte Dominik Rossmann, „es bleibt interessant zu beobachten wie es weitergeht“. Denn während die Veranstalter noch damit beschäftigt sind, den Abstand zu den anderen Branchen zu verringern, haben diese bereits damit begonnen neue Felder zu erschließen, wie den M-Commerce oder die Apps. „Die Veranstalter müssen aufpassen, hier nicht den gleichen Fehler zu machen wie schon vor zwölf Jahren im E-Commerce“, warnte Rossmann. „Ende der 90er haben viele von ihnen das Internet regelrecht verschlafen und dachten das sei nur ein Trend, der irgendwann vorbei ist.“ Die Hotellerie und die Transportbranche, und selbst die Online-Reiseportale, sind sich hingegen der kommenden Bedeutung von webbasierten Mobilanwendungen bewußt und basteln bereits an Lösungen.
Online-Reisebüros/Portale im Aufwind – fast 50%-Anteil
Der Online-Reisevertrieb entwickelte sich auch 2010 sehr erfolgreich. Die Online-Portale konnten weiter Marktanteile hinzugewinnen. „Mit knapp 47 Prozent wurde fast – aber noch nicht ganz – die Hälfte des touristischen Online-Umsatzes 2010 durch den Online-Reisevertrieb erwirtschaftet“, so Studienleiter Rossmann. „Wenn die Entwicklung weiter so voranschreitet, könnte schon in diesem Jahr mehr als die Hälfte aller Online-Umsätze über die Vermittler laufen.“
Allerdings ist der Online-Vertrieb bei der Art der vermittelten Leistungen unterschiedlich erfolgreich. Wie schon 2009 wurden auch 2010 rund 40 Prozent aller Portalumsätze durch die Vermittlung vonTransportleistungen erzielt. Die Portale konnten hier ihren Anteil nicht weiter ausbauen und stagnierten im gleichen Maße wie das auf die gesamte Transportwirtschaft zutraf. Sehr deutlich hingegen wuchs 2010 der Anteil von vermittelten Pauschalreisen, denn die Online-Portale erzielten fast 32 Prozent ihres Umsatzes dadurch. Dieser Wert stieg um ganze sechs Prozentpunkte und zeigt, daß das klassische Reisegeschäft für die Portale immer mehr zu einem wesentlichen Bestandteil ihres Umsatzes wird.
Das Dynamic Packaging (Baukastenprinzip) kommt insbesondere den großen Online-Reisebüros/Portalenzu Gute. Der Umsatzanteil der eigenerstellten Leistungen im Sinne eines Reiseveranstalters, die über Online-Reisebüros vertrieben wurden, wird hauptsächlich geprägt durch die großen Online-Portale und bewegt sich seit drei Jahren stabil um die 20 Prozent. Die Zahl der touristischen Portale schrumpfte auch 2010, was den inzwischen enormen Wettbewerb in der Branche widerspiegelt. „Äußerst interessant ist, daß Veranstalterleistungen zwar nur etwa 31 Prozent der Portalumsätze ausmachen, die Portale 2010 aber erstmals für mehr als die Hälfte aller online abgesetzten Veranstalterleistungen verantwortlich waren“, merkt Rossmann an. Daß die Portale den Veranstaltern ständig Online-Anteile abjagen, zeigt sich schon seit einigen Jahren. Waren 2003 die Portale für nur 33 Prozent aller Online-Umsätze von Veranstaltern verantwortlich, waren es 2007 bereits 43 Prozent und 2010 sind es schon bald 60 Prozent. Durch verstärkte Direktvertriebsmaßnahmen seitens der Veranstalter wird versucht diesem Umstand entgegenzuwirken, um wieder mehr Kontrolle über dieses Geschäftsfeld (zurück) zu gewinnen. Daher ist der Wert Jahr für Jahr ein wenig schwankend, der Trend spricht allerdings derzeit eindeutig für die Portale.
Social Media sehr wichtig – aber nicht sehr umsatzträchtig
Mehrheitlich zwei Drittel der Tourismuswirtschaft ist sich darin einig, daß Social Media Elemente für ihr zukünftiges Online-Geschäft wichtig sind. Für immerhin 12,3 Prozent der Befragten sind diese Elemente sogar vonelementarer Wichtigkeit. Die Breite Mehrheit, insgesamt 80,3 Prozent der Befragten, bezeichnen sie als bedeutsam oder elementar. 6,6 Prozent sehen in Social Media Elementen lediglich eine überbewertete Modeerscheinung, die langfristig für das Online-Business bedeutungslos ist.
Interessant ist auch die sehr unterschiedliche Einschätzung des ökonomischen Erfolgsbeitrags von Social Media Elemente. Während sich die Transportwirtschaft zu fast zwei Dritteln darin einig ist, daß die Social Media Elemente zusätzlichen Umsatz generieren (können), sehen das die Veranstalter konträr. Die Online-Portale sind in ihrer Einschätzung indifferent. Befragt man die Branche explizit nach Umsatzgenerierungdurch das mobile Internet / Apps – der sogenannte M-Commerce – , so geben 69,9 Prozent an, darüber bisher kein signifikantes Umsatzplus erzielt zu haben. 14,7 Prozent hingegen bestätigten durch M-Commerce Maßnahmen schon Umsatz generiert zu haben.
Suchmaschinenmarketing „wau“ – Kundenbindung „lau“ – Social Media mit interessanter Zukunft
Der Werbemarkt hat sich in den letzten Jahren sehr deutlich verändert. Einerseits fließen immer mehr Budgets in die webbasierte Werbung und zum anderen spielt auch das Thema Social Media eine immer wichtigere Rolle, glaubt man den vielen Studien und Erfahrungsberichten. Insbesondere dieTourismuswirtschaft erhofft sich von Social Media Maßnahmen einen deutlichen Schub für ihr Onlinegeschäft, für ihre Marke und zu guter Letzt auch für ihren Umsatz. Ebenso das seit Jahren sehr stiefmütterlich behandelte Thema Kundenbindung versucht die Tourismusindustrie durch ein beherztes Social Media Engagement zu verbessern und zu emotionalisieren. „Das Thema emotionale Kundenbindung ist jedoch für die meisten Tourismusunternehmen nach wie vor eben kein Thema“, bemängelt Studienleiter Rossmann. „Insbesondere in nachhaltige Maßnahmen zur emotionalen Kundenbindung sollte in den nächsten Jahren investiert werden. Stattdessen aber wird mit aller Gewalt versucht Kunden durch Sonderpreise, Rabatte und Gutscheine zu binden“, erklärt Rossmann weiter. „Das aber hat sich bisher allenfalls nachhaltig auf die Kostenstruktur einiger Unternehmen ausgewirkt.“
Fast alle befragten Unternehmen (85,4%) haben schon einmal kostenpflichtige Online-Werbung eingesetzt, um so ihr eigenes Angebot zu vermarkten. Am häufigsten verwenden Portale kostenpflichtige Internetwerbung, mit einer Quote von 87,5 Prozent nutzen fast alle dieses Instrument. Die Reiseveranstalter legten 2010 deutlich zu, denn 85,7 Prozent griffen auf kostenpflichtige Online-Werbung zurück. „Die Veranstalter erhöhen sukzessive ihren Online-Werbedruck und schließen zu den Online-Portalen auf“, erläutert Rossmann die Entwicklung. „Hier läßt sich erkennen, daß sie den Online-Reisevertrieb den Portalen nicht kampflos überlassen wollen.“
Befragt man die Tourismuswirtschaft welches Online-Werbemittel das wirksamste ist, ist sich die Branche seit Jahren mit überwiegender Mehrheit einig. Über 60% sehen das Suchmaschinenmarketing (SEO/ AdWords/ AdSenses) als erfolgreichstes Medium an, allerdings ist dieser Wert im Vergleich zum Vorjahr um fast zehn Prozentpunkte gesunken. Mit deutlichem Abstand folgt der Newsletter, den rund 15 Prozent als am wirksamsten für ihre Belange betrachten. Die Hälfte der Branche sieht auch in Zukunft das Suchmaschinenmarketing als am erfolgreichsten, allerdings schätzen rund 20 Prozent Social Media Maßnahmen und mobile Applicationen (Apps) als am zweitstärksten in Zukunft ein. Beiden Werbeelementen bescheinigt die Branche mittelfristig das größte Wachstum.
Das komplette Werk „Web-Tourismus 2011“, besteht aus 7 Modulen, die individuell zusammengestellt werden können. Die gesamte Studie (alle Module) hat 535 Seiten und 363 Farbabbildungen. Die Studie und ihre Module sind als Ringbuch bei Ulysses Web-Tourismus zu beziehen.