Berlin, 24. April 2020 – Die Öffnung der Gastronomie zeichnet sich ab: Anfang Mai könnte es in einigen Bundesländern zu einer Lockerung der Zwangsschließungen von Hotels, Restaurants, Gasthäuser und Cafés unter Einhaltung strenger Hygiene- und Infektionsschutzmaßnahmen kommen. Dies kündigten mehrere Politiker an.
Am Donnerstag war bekannt geworden, dass NRW, Niedersachsen und Baden-Württemberg an einem Konzept für die stufenweise Wiederaufnahme des Gastronomie- und Hotelbetriebs unter Einhaltung strenger Hygiene- und Infektionsschutzmaßnahmen ab dem 4. Mai arbeiten. Ziel sei es, das Papier bis zur Ministerpräsidenten-Konferenz am 30. April vorzulegen, verlautete aus dem NRW-Wirtschaftsministerium.
Der Präsident des Hotel- und Gaststättenverbands Dehoga in NRW, Bernd Niemeier, sagte der “Rheinischen Post”: “Wir sind in der Gastronomie hygiene-erprobt und sehen uns in der Lage, verschärften Anforderungen zum Schutz der Kunden und Gäste gerecht zu werden.” Niemeier forderte jedoch klare Regelungen, die der Vielfalt in der Branche gerecht würden. Die wirtschaftlichen Aussichten bezeichnete er selbst mit Lockerungen ab Anfang Mai als trüb: “Wir reden derzeit über einen nahezu flächendeckenden Umsatzausfall in Höhe von 100 Prozent. Restaurants werden voraussichtlich bei einem Wiederanfahren die Zahl ihrer Tische um mindestens die Hälfte reduzieren müssen, die Kosten bleiben aber gleich oder steigen sogar wegen der Erfüllung der Anforderungen.” Hinzu komme die Konsumzurückhaltung der Gäste, die um ihre Jobs bangten.
Die Grünen in NRW haben von der Landesregierung mehr Anstrengungen zur Rettung der Gastronomen gefordert. Grünen-Chefin Mona Neubaur sagte der Düsseldorfer “Rheinischen Post” (Freitag), nötig sei ein sofortiger “Rettungsschirm Gastro und Hotellerie”, wenn es nicht bald nur noch große unpersönliche Ketten geben solle, sondern weiter auch das kleine, inhabergeführte Lokal ums Eck. Lege man die vom Dehoga berechneten Mittel von über zwei Milliarden Euro zugrunde, die bundesweit zur Rettung der Gastronomie nötig seien, entfielen auf NRW rund 500 Millionen Euro, so Neubaur. Die Landesregierung müsse zudem sicherstellen, dass die Gastronomen damit nicht nur ihre gewerblichen Ausgaben, sondern auch ihre Lebenshaltungskosten finanzieren dürfen.
Jedem zweiten Gastronomen droht das Aus
In der Diskussion um die Wiedereröffnung von Gaststätten in der Corona-Krise sehen Experten aus der Branche einen enormen Handlungsdruck: “Für die Gastwirte ist es lebensnotwendig, dass sie so bald wie möglich wieder öffnen dürfen. Wenn das nicht passiert, droht jedem zweiten Gastronomen das Aus. Bei denen ist die Marge eh schon nicht besonders hoch”, sagte Michael Hollmann, der Chef der Privatbrauerei Bolten, der Düsseldorfer “Rheinischen Post”. Seine Forderung an die Politik: “Wir wünschen uns, dass es klarere Aussagen der Landesregierung gibt, wie es weitergehen könnte. Wann beispielsweise eine Wiedereröffnung der Lokale unter welchen Bedingungen denkbar wäre. Das würde allen eine Perspektive verschaffen.”
Mund-Nasen-Schutz: Generelle Verpflichtung für Lebensmittelbetriebe nicht notwendig
Aufgrund der unabhängig vom Coronavirus bestehenden hohen Hygiene- und Sicherheitsstandards in Lebensmittelunternehmen und dem Umstand, dass Lebensmittel nicht mit der Übertragung des Coronavirus in Verbindung stehen, sieht der Lebensmittelverband Deutschland keine generelle Notwendigkeit für zusätzliche Schutzmaßnahmen wie das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes in den Unternehmen. Dr. Sieglinde Stähle aus der Wissenschaftlichen Leitung des Lebensmittelverbands erläutert: “Wir sind davon überzeugt, dass die Unternehmen der Lebensmittelwirtschaft aufgrund der ohnehin bestehenden rechtlichen Rahmenbedingungen und ihres hohen Verantwortungsbewusstseins für Mitarbeiter und Verbraucher im erheblichen Umfang bereits jetzt die gebotenen Pandemie-Schutzmaßnahmen leisten. Schließlich geht es auch um die Aufrechterhaltung der eigenen Betriebsfähigkeit. Das heißt, dass die bestehenden Hygiene- und Reinigungskonzepte, die im Rahmen der Eigenkontrollen bereits in den Betrieben implementiert sind, auch in der aktuellen Situation bei konsequenter Anwendung ausreichen. Wir geben deshalb den Gesundheitsbehörden zu bedenken, dass verschärfe Auflagen für Lebensmittelbetriebe, die zu einem unverhältnismäßigen Mehreinsatz von Schutzausrüstungen und Verbrauch von Desinfektionsmitteln führen, unnötig zur Ressourcenknappheit dieser Produkte in anderen Bereichen beitragen würden.”
So haben beispielsweise das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) und auf europäischer Ebene die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) bestätigt, dass bei der Herstellung von Lebensmitteln und dem Umgang mit verpackten oder unverpackten Lebensmitteln auf allen Stufen der Lebensmittelkette die üblichen Hygienemaßnahmen auch im Hinblick auf die Verhinderung einer Ausbreitung von Coronaviren grundsätzlich ausreichen. Dr. Stähle erklärt: “Es sind insbesondere die allgemeinen Regeln der Hygiene wie regelmäßiges, intensives Händewaschen und das Fernhalten der Hände aus dem Gesicht, zu beachten”. Da es zudem keine Indizien dafür gibt, dass Lebensmittel oder Trinkwasser mit der Übertragung des Coronavirus in Verbindung stehen, müssen aus Sicht der Lebensmittelsicherheitsbehörden keine zusätzlichen bzw. weitergehenden Maßnahmen wie das Tragen von Mundschutz, das Tragen von Handschuhen oder ein verstärkter Einsatz von Desinfektion getroffen werden. In jedem Fall ist das Tragen eines Mund-Nase-Schutzes oder von Handschuhen am Arbeitsplatz in einem Lebensmittelbetrieb als Teil der Arbeitsbekleidung zu sehen und obliegt der Verantwortung des Lebensmittelunternehmers.
Das Dokument “Zusätzliche Personal-Schutzmaßnahmen für Beschäftigte sowie Maßnahmen in Lebensmittelunternehmen bei Covid-19-Verdachtsfällen, Covid-19-Diagnostizierten und deren Kontaktpersonen – Argumentationshilfe für Lebensmittelunternehmen” soll in erster Linie Lebensmittelunternehmern als Arbeitgebern und den Gesundheitsbehörden als sachliche Bezugsgrundlage für verhältnismäßige Entscheidungen und Gefährdungsbeurteilungen dienen. Es steht zum Download bereit unter: https://www.lebensmittelverband.de/de/aktuell/20200423-coronavirus-covid19-masken-mund-nasen-schutz-lebensmittelbetriebe
Schrittweise Öffnung ab Anfang Mai: Tourismusbranche legt Szenario für den Wiedereinstieg im Tourismus an der Ostsee vor – Geregelter Neustart in bis zum Sommer laufenden Phasen vorgeschlagen
Schrittweise Öffnung des Tourismus ab Anfang Mai: Der Landestourismusverband und der Dehoga Mecklenburg-Vorpommern haben auf der Grundlage ihres am Ostermontag veröffentlichten Strategiepapiers „Lösungsskizze für den Neustart des Tourismus in MV“ ein konkretes, nach Angebotskategorien und Personengruppen detailliertes Szenario für den Neubeginn im Tourismus erarbeitet und der Landesregierung am 22. April 2020 an die Hand gegeben (beide Dokumente unter: www.tourismus.mv). Die Erarbeitung basiert auf knapp 80 schriftlichen Stellungnahmen von Organisationen und Unternehmen aus der Branche, die bei den Verbänden in den letzten Tagen eingegangen sind. Enthalten sind in dem „lebenden Dokument“ auch Überlegungen zu Schutz- und Hygienevorkehrungen für einzelne Bereiche sowie erste Einschätzungen zu Risiken bestimmter Maßnahmen. Neben den Phasen zum Wiedereinstieg mit klar definiertem Startdatum sprechen sich die Verbände zudem für ein Sonderhilfeprogramm für den stark betroffenen und für das Land außergewöhnlich wichtigen Tourismus aus, um im Bestand gefährdete Unternehmen und Arbeitsplätze auch für die Zeit nach der Corona-Krise zu sichern.
Alle ausgearbeiteten Punkte zum geregelten Neustart ab 1. Mai stehen unter dem Aspekt des Gesundheitsschutzes. „Die Verantwortung und Herausforderung ist es, hier richtig zu skalieren. Rückfälle und Verschärfungen sollten unbedingt vermieden werden“, ergänzte Woitendorf. Ausgegangen wird von einer schrittweisen und behutsamen Wiederöffnung touristischer Betriebe sowie eines Stück für Stück erweiterten Kreises potenziell reisender Personengruppen, beginnend bei den Einheimischen. Gerechnet wird dabei auch mit einer allmählichen Lockerung des aktuell geltenden bundesweiten Verbots von touristischen Reisen, sodass auch Gäste aus anderen Regionen wieder nach Mecklenburg-Vorpommern reisen könnten, gegebenenfalls per Sonderregelung zwischen einzelnen Bundesländern. Pauschale Quoten und Abstufungen nach Beherbergungsarten werden von den Verbänden nicht empfohlen. Spätestens zu den Sommerferien soll idealerweise ein Öffnungszustand erreicht sein, der es den allermeisten touristischen Unternehmen im Land ermöglicht, unter den Rahmenbedingungen der Pandemie wirtschaftlich zu arbeiten.
Der Wiederbeginn ist in Phasen unterteilt:
- Phase 1a läuft vom 4. Mai bis einschließlich Christi Himmelfahrt
- Phase 1b bis einschließlich Pfingsten
- Phase 2a bis zum Beginn des Sommerferienkorridors am 20. Juni
- Phase 2b schließlich innerhalb der Sommerferien
Dem Vorschlag gemäß sollte in einer sogenannten Phase 0 bereits das verlängerte Wochenende nach dem 1. Mai für eine probeweise Öffnung der Gastronomie im Land genutzt werden. Auch beispielsweise Vermieter von Rädern, Booten oder Kanus könnten das verlängerte Wochenende für Tagesleihen nutzen.
Das Positionspapier “Re-Start des Deutschlandtourismus” des Deutschen Tourismusverbandes kann hier als Pdf abgerufen werden:
TV-Koch Christian Rach warnt vor Billigpreisen
In einem Blogbeitrag für Werbepartner Orderbird hat Spitzenkoch Christian Rach eine nachhaltige, renditeorientierte Preisstrategie angemahnt. “Bei all den Hiobsbotschaften und Prognosen hat die Krise eventuell auch etwas Gutes, das wir aus ihr ziehen können: Denn vielleicht geht aus ihr ein größerer Gemeinschaftssinn hervor, ein neues Bewusstsein füreinander, für unsere Produzenten, Lieferanten, Kunden und Gäste sowie mehr Kreativität, was Küche und Gastronomie noch sein kann und wir nutzen endlich einmal die Chance, um uns von dem unsäglichen Preiskampf ‘billig, billig, billig’ zu befreien”, so sein Credo. In der Tat ist die Kapital- und Renditeschwäche vieler Gastbetriebe ein schweres Manko: Ein erfahrener Unternehmensberater beklagt hinter vorgehaltener Hand, dass es beschämend sei wie viele “namhafte Gastronomen” keine drei Monate der Schließung überstehen könnten…
#Unerhört?!
“Auch brauche es klare hygienische Empfehlungen, zum Beispiel wie oft Tische in der Gastronomie desinfiziert werden müssten.” – Virologe Alexander Kekulé