Öhe, 06. September 2021 – Mathias Schilling (39) ist in Schleswig-Holstein geboren und aufgewachsen. Seine familiären Wurzeln liegen jedoch seit über 700 Jahren auf der Öhe, einer winzigen Insel vor Rügen, wo er auf dem Erbe der Großeltern einen funktionierenden Familienbetrieb errichtete und so in der Region mehr als 50 Jobs schuf. Schilling beackert als Landwirt 500 Hektar auf Hiddensee und Rügen, führt fünf Restaurants, zwei Hofläden und eine Fischmanufaktur in Stralsund. Nach anfänglichen Schwierigkeiten fühlt er sich als geborener “Wessi” mit familiären Wurzeln im Osten völlig akzeptiert und liebt seine Heimat Mecklenburg-Vorpommern.
“Meine Kindheit habe ich gefühlt auf der Straße zwischen Schleswig-Holstein und Rügen verbracht. Meine Eltern fuhren mit mir so oft es ging zu den Großeltern auf die Öhe. Dort verbrachte ich auch jedes Jahr meine Ferien. Am Abend des Mauerfalls weckte mich mein Vater, erklärte mir die Bilder im Fernsehen von jubelnden Menschen und Autoschlangen. Und dass wir bald in zu den Großeltern nach Rügen ziehen sollten.
Dann fingen wir an, die Landwirtschaft auf unserer kleinen Insel Öhe wieder auf Vordermann zu bringen. Ich durfte – und musste – überall mithelfen: mit dem Trecker Rasen mähen, Weidezäune bauen. Die deutsche Einheit war für mich selbst also zuallererst ziemlich arbeitsreich.
Als ich 2011 den ersten Gasthof übernehmen konnte, habe ich gemerkt, dass die Gräben zwischen Ost und West noch ziemlich tief sein können. Plötzlich war ich für viele in der Gegend “der Wessi”, der ihnen womöglich irgendwas wegnehmen will. Dabei wollte ich nur was aufbauen. Nach zehn Jahren harter Arbeit fühle ich mich endlich akzeptiert. Inzwischen bin ich nur noch “der Schilling”.
Wo es bei der Einheit noch hapert: Die vielen unterschiedlichen Vorschriften in den einzelnen Bundesländern. Durch hohe Auflagen sowie Hürden auf der einen und schwerfällige Verwaltungen auf der anderen Seite wird den Unternehmen das Leben manchmal ganz schön schwer gemacht.
Ich lebe gern in Mecklenburg-Vorpommern – und bin stolz, Einheitsbotschafter des Landes zu sein. Hier ist der Zusammenhalt der Menschen in der Nachbarschaft unschlagbar. Und: Hier ist vieles noch nicht so festgefahren, so gesättigt. Es gibt viel Platz für Ideen und Pioniergeist. Wer tüchtig ist, kann eine Menge bewegen. Nicht zuletzt deshalb bin ich inzwischen so tief mit der Scholle verbunden – das alles möchte ich niemals aufgeben.”