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Kaffeehausketten expandieren in Polen

Quelle: bfai, Januar 2008

Polnische Ausgaben für Gastronomie im europäischem Vergleich noch eher gering

Der Kaffeegenuss erfreut sich in Polen, einem Land traditioneller Teetrinker, zunehmender Beliebtheit. Der Wert des Kaffee-Marktes wird bereits auf bis zu 1,5 Mrd. Zl (rund 417 Mio. Euro, 1 Euro = 3,60 Zl) veranschlagt und wächst mit zweistelligen Wachstumsraten. Der Erdöl-Konzern Orlen will daher auch bei den mehreren Hundert eigenen Tankstellen Bistro-Bars mit der Bezeichnung “Stop Cafe” einrichten. North Coast will zusammen mit der exklusiven italienischen Kaffeemarke Illy Cafes gründen. Das eröffnet auch deutschen Firmen Zulieferchancen.

Die ersten sechs Bistro-Bars “Stop Cafe” will Orlen kurzfristig als Pilotobjekte in bei seinen Tankstellen bestehenden Geschäften einrichten. Sie werden je zwischen 50.000 Zl und 100.000 Zl (circa 14.000 Euro bis 28.000 Euro, 1 Euro = 3,60 Zl) kosten. Zu Orlen gehören bisher 770 Stationen; das Netz wird noch ausgebaut. Vorgesehen ist, dass alle Tankstellen eine Kaffee-Bar erhalten. In Litauen, wo Orlen Tankstellen der Firma Ventus übernomnen hat, gibt es bei diesen bereits Stop Cafes. Bei den polnischen Stationen von Orlen der Marke “Bliska” sind schon Kaffeemaschinen in Betrieb.

Vorreiter bei der Einrichtung von Gastronomiestellen bei Tankstellen in Polen ist die britische Kette Wild Bean Cafe, die sich bei BP-Stationen ansiedelt. Etwa die Hälfte der insgesamt 212 BP-Tankstellen in Polen ist bereits ausgestattet. Auch der norwegische Statoil-Konzern stellte in seinen Tankstellen kürzlich Kaffee-Automaten auf. An die 7.000 Tankstellen vertreiben inzwischen auch branchenfremde Produkte. Die Gesamtheit der Stationen erwirtschaftet damit etwa die Hälfte ihres Umsatzes.

Der Kaffeegenuss erfreut sich in dem traditionellen Land von Teetrinkern zunehmender Beliebtheit. Branchenkenner schätzen den Wert des Kaffee-Marktes auf 1,2 Mrd. bis 1,5 Mrd. Zl im Jahr (rund 417 Mio. Euro, 1 Euro = 3,60 Zl). Im Laufe der vergangenen zehn Jahre versechsfachte er sich. Die Wachstumsraten betragen etwa 20 bis 40%. Eine gute Nachricht für die Betreiber ist, dass die Mehrwertsteuer für Gastronomieleistungen nun doch nicht ab Anfang 2008 auf 22% angehoben wurde, sondern der ermäßigte Satz von 7% laut Beschluss der EU-Finanzminister bis Ende 2010 bestehen bleiben darf.

Bisher gibt es in Polen rund 2.500 Cafés, von denen über 200 einer Kette angehören. Im Laufe von 2007 war ihre Zahl um 30% gestiegen. Das Segment der Kaffee-Bars ist das am schnellsten wachsende des polnischen Gastronomiesektors. Die bestehenden Ketten wollen weiter expandieren, und neue Betreiber treten auf den polnischen Markt. Das eröffnet auch deutschen Anbietern von einschlägigen Gastronomieausstattungen neue Lieferchancen.

Die börsennotierte Gesellschaft North Coast plant, in Kooperation mit der exklusiven italienischen Marke Illy Cafes zu eröffnen. Die ersten Lokale mit der Bezeichnung “Espressamente Illy” sollen im Frühjahr 2008 in Warschau und Krakow (Krakau) eingerichtet werden.

Die US-amerikanische Kette Starbucks will 2008 damit beginnen, Kaffee-Bars in Polen zu eröffnen und mittelfristig dort 100 solche Stellen betreiben. Zu diesem Zweck unterzeichnete sie mit der an der Warschauer Börse notierten Gesellschaft Am Rest eine Vereinbarung. Starbucks will sich auch in der Tschechischen Republik und in Ungarn etablieren; die Kette eröffnet ihr erstes Cafe in diesen drei Ländern im Januar 2008 in Prag.

Die bereits in Südpolen mit zwölf Lokalen präsente britische Kette Costa Coffee will die Zahl ihrer eCoffees landesweit 2008 auf über 30 steigern und Ende 2009 bereits über 54 davon in Städten mit mindestens 150.000 Einwohnern betreiben. Im Jahr 2011 sollen es schon gut 100 sein. Diese Zahl will ihr Konkurrent, der Pressevertrieb Ruch, bereits 2009 mit seiner Kette “i coffee” erreichen, in der er seinen Kunden kostenlos Medien und einen Internet-Zugang bereitstellt. Die ersten beiden i coffees eröffnete Ruch im November 2007 in Warschau und Wroclaw (Breslau).

Nescafe will 2008 die Zahl ihrer Cafés auf mindestens 45 steigern, indem die Kette sieben oder acht weitere einrichtet. Auch die Ketten Mercer’s und Marktführer Coffeeheaven expandieren weiter. Neue attraktive Lagen bieten ihnen die zahlreichen Einkaufszentren und Handelsgalerien, die nun verstärkt in mittleren Städten gebaut werden. Daneben gibt es erfolgreiche Einzelinitiativen wie die des Unternehmers Marcin Malenczyk, der zwei Lokale “Cafe Karma” in Warschau und Berlin betreibt.

Im Jahr 2006 waren die Pro-Kopf-Ausgaben der Polen für gastronomische Leistungen mit 131 Euro im europäischen Vergleich eher gering. Spitzenreiter waren hier laut Horizons for Success (HfS) die Franzosen mit 901 Euro vor den Spaniern mit 806 Euro, den Deutschen mit 775 Euro und anderen. Das Consulting-Unternehmen für den Sektor erwartet aber künftig kräftige Wachstumsraten in Zentraleuropa.

In Polen haben die Umsätze mit fast food einschließl. in Kaffee-Bars einen Anteil von etwa einem Drittel am Gastronomiemarkt im Wert von insgesamt 18,2 Mrd. Zl (Stand: 2006). Euromonitor International gibt den Zuwachs 2007 mit knapp 3% an und erwartet für 2008 ein Plus von 7%. Gleichzeitig werden herkömmliche Restaurants mit Bedienung verstärkt aufgesucht, deren Zahl sich bis Ende September 2007 laut dem Hauptstatistikamt GUS um ein Viertel gegenüber Ende 2006 auf rund 12.500 erhöhte.

Von dem steigenden Kaffee-Konsum profitieren auch die Hersteller davon. Marktführer in Polen ist Kraft Foods Polska mit einem wertmäßigen Anteil von 28% vor Nestle (18%), Tchibo (17%) und Übrigen (37%). Dabei ist das Wachstumspotenzial noch groß, denn der durchschnittliche Pro-Kopf-Verbrauch betrug 2006 erst rund 2,3 kg; in skandinavischen Ländern erreicht er bis zu 15 kg. Auf löslichen Kaffee entfällt derzeit in Polen ein Marktanteil von 50%, auf gemahlene und ungemahlene Bohnen von 48% und auf Getreideerzeugnisse von 2%.
Nachfrage nach Kaffee in Polen

Juli 2005 bis Juni 2006 Juli 2006 bis Juni 2007
Umsatz (in Mio. Zl) 2.334,1 2.497,5
Absatz (in Mio. kg) 75,0 76,5

Quelle: Marktforscher MEMRB

Der bedeutende polnische Hersteller von Cappuccino, Kaffee und Tee Mokate, der bereits in anderen mittel- und osteuropäischen Ländern präsent ist, strebt nun weiter in südliche Richtung. Mit der kroatischen Firma Alba unterzeichnete er eine Lizenzvereinbarung, und im Oktober 2007 nahm diese ihre Produktionstätigkeit in der Sonderwirtschaftszone bei Zagreb auf. Für 2007 erwartet Mokate eine Umsatzsteigerung auf 405 Mio. Zl mit einem Exportanteil von 35%.

Am polnischen Markt für Tee hielt Mokate laut den Marktforschern MEMRB und Nielsen von Juli 2006 bis Juni 2007 einen Anteil von 6,3%. Um diesen noch zu steigern, will Mokate die Kapazitäten in seiner Fabrik in Ustron weiter ausbauen und Teehersteller im In- und Ausland übernehmen. In diesem Segment führte in Polen der Unilever-Konzern deutlich mit seinen Marken Lipton und Saga, der einen Zuwachs um gut 13% verzeichnete und einen Marktanteil von 38,0% hält.

Unilever nahm 2007 eine neue Fabrik zur Konfektionierung von Tee in Katowice (Kattowitz) in Betrieb, die rund 60 Mio. Zl gekostet hatte. Mit deutlichem Abstand folgten Premium Foods mit einem Marktanteil von 10,8% und Herbapol Lublin mit 9,0%. Den fünften Platz hinter Mokate belegte Posti mit 4,5% vor Übrigen mit 31,4%. Noch dominiert schwarzer Tee den Markt; im Kommen sind aber Früchte-, Kräuter- und funktionelle Teesorten. Euromonitor International schätzt, dass die Verkäufe von Tee 2007 bei über 1,8 Mrd. Zl lagen und weiter steigen werden.

Nachfrage nach Tee 

Juli 2005 bis Juni 2006 Juli 2006 bis Juni 2007
Umsatz (in Mio. Zl) 994,6 1.163,7
Absatz (in Mio. kg) 25,3 28,3

Quelle: Marktforscher MEMRB und Nielsen