(Berlin/Hamburg, 17. September 2012) Grünes Licht für die Hygiene-Ampel: Die Verbraucherschutzminister der Bundesländer beschlossen nun die Einführung einer verpflichtenden und öffentlichen Bewertung von Sauberkeit und Hygiene im Gastgewerbe und Lebensmitteleinzelhandel. Nun sollen dazu die bundesgesetzlichen Grundlagen geschaffen werden. Eine Änderung des Lebens- und Futtermittelgesetzes sei von Bundesverbraucherschutzministerin bereits auf den Weg gebracht, heißt es. Hamburg will die Hygiene-Ampel als erstes Bundesland einführen. Wann ist geschehen wird ist noch unklar.
Nun also durch die politische Hintertür: Die Hygiene-Ampel, die positive oder negative Beurteil von Sauberkeit und Hygiene im Gastbetrieb, wird auf Länderebene eingeführt. Eine Einigung auf Bundesebene für das sog. Hygiene-Kontrollbarometer kam zuletzt nicht zustande. Bei der Konferenz der Länder-Verbraucherschutzminister in Hamburg wurde nun deutlich, dass das Staatssiegel früher oder später eingeführt werde. Schlagzeilen von Branchenmedien, die die Hygiene-Ampel für „tot“ erklärt hatten, sind damit überholt.
Mit der Einführung der staatlichen Hygiene-Ampel wird der Druck auf schwarze Schafe in Sachen Sauberkeit höher. Ob dadurch das Gastgewerbe als gesamte Branche an den Pranger gestellt werde, wie von manchen Branchenvertretern befürchtet, muss sich noch erweisen. Experten erwarten dagegen, dass sich die Hygiene zwangsläufig verbessern werde, da die Gastronomen ein gutes Aushängeschild haben wollen.
Die offizielle Hygiene-Ampel wird ein zusätzliches, öffentlichkeitswirksames Instrument der Lebensmittelkontrolle sein. Schon jetzt dürfen Behörden Verstöße gegen die Hygienebestimmungen im Internet veröffentlichen – das dahingehend veränderte Verbraucherinformationsgesetz trat zum 1. September in Kraft. Der aus dem Fernsehen bekannt Hotelsicherheitsexperte Ulrich Jander weist darauf hin, dass dies keineswegs nur Bereiche, wo Lebensmittel verarbeitet werden, betreffe. Auch Dienstleistungen und damit öffentlichern Räume in Hotels und Hotelzimmer gehören mit zum Kontrollradius; siehe nachstehendes Interview.
Nichtstaatliche Hygiene-Siegel, die jetzt schon wirken
Die staatliche Kontrolle wird eine weitreichende PR-Wirkung haben. Am Beispiel des Berliner Bezirks Pankow wird dies deutlich: Hier veröffentlichen die Behörden bereits seit Jahren eine Liste an schwarzen Schafen in der Gastronomie, die es mit Sauberkeit und Hygiene zuweilen gar nicht genau nehmen. Seit Jahren gibt es auch das Siegel „Gastro Smiley SQS Smiley für Qualität und Sauberkeit “ von Hotelexperte Ulrich Jander, das immer mehr Hotels und andere Gastbetriebe tragen wollen. Die Prüfungen unterliegen harten Kriterien, erfolgen unangemeldet und werden schonungslos durchgeführt. Immer wieder muss Jander die Vergabe des Hygiene-Siegels verweigern, da einiges im Argen liegt.
Auch die aus der Textilforschung renommierten Hohenstein Institute bieten mit dem Zertifikat „Hotelcheck Hygiene“ ein Sauberkeits-Siegel an. Hier wurde zum Beispiel das Concorde Hotel Berlin mit sog. Abklatschproben auf Herz und Nieren gecheckt.
Info-Lounge „Best Bed“ der Hohenstein Institute
Am 27. Oktober laden die Hohenstein Institute zur Info-Lounge „Best Bed“ ins Schloss Hohenstein ein. Die Fachveranstaltung dauert vom 9:30 bis 13.:30 Uhr und richtet sich an Hoteldirektoren, Housekeeping-Manager und Hotelberater. Die Info-Lounge bietet einen Überblick über Ausstattungsmöglichkeiten von Betten zur Erhöhung der Gästezufriedenheit. Die erhaltene Information soll eine Unterstützung zur optimalen Gestaltung bieten und dazu beitragen, dass sowohl größtmöglicher Komfort als auch hygienische Sauberkeit erreicht wird. Keime und Bakterien können unter anderem durch Textilien übertragen werden. Dadurch werden Hotelbetreiber hinsichtlich Hygiene und Sauberkeit vor neue Herausforderungen gestellt. Durch die globale Mobilität können sich Erreger heutzutage deutlich schneller verbreiten.
Anmeldeschluss ist am 17. Oktober. Die Teilnahme kostet 25 Euro. Weitere Informationen und Anmeldung:
Eine in der Branchenöffentlichkeit stark beachtete Kampagne für mehr Sauberkeit und Hygiene ist die Initiative „Ein Stern mehr“ von RTL-Hotelinspektor Heinz Horrmann und der Hygiene-Marke „Tork“. Hier werden namhafte Hotels wie das Resort Sonnenalp Ofterschwang im Allgäu von Profi-Hygienetestern durchleuchtet.
Welchen Stellenwert bedingungslose Sauberkeit in allen Bereichen eines Gastbetriebes hat verdeutlichen die zahlreichen Gästebewertungen in Internet-Hotelportalen. Auch bei der VDR-Hotelklassifizierung, die für etliche First-Class- und Luxushotels wichtiger als die Dehoga-Hotelsterne geworden sind, wird Sauberkeit stark beachtet: Die Hoteltester, Travel Manager von großen Konzernen, sind angehalten in den Hotelzimmern genau hinzusehen – und drehen zur Überprüfung stets die Hotelmatratze um. Denn ein „Certified“-Hotel muss den Kriterien zufolge einen Matratzenschutz bieten. Ohne „Mattress Cover“ geht nichts mehr.
Es erweist sich als strategisch klug, sich schon vor der Einführung der staatlichen Hygiene-Ampel in Sachen Sauberkeit von unabhängiger Seite prüfen und Zertifizierung zu lassen, meinen Branchenbeobachter. Sinnvoll sind Auszeichnungen, die in Sachen Fachkompetenz überzeugend sind.
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„Transparenz gilt nicht nur für Lebensmittel, sondern auch Dienstleistungen“
Interview mit TV-Hotelsicherheitsexperte Ulrich Jander
Herr Jander, seit dem 1. September haben wir das neue Verbraucherinformationsgesetz (VIG), was bedeutet das für die Hotellerie?
Ulrich Jander: „So neu ist das VIG auch nicht. Dieses Gesetz wurde am 5. November 2007 veröffentlicht und trat dann am 1. Mai 2008 in Kraft, nur wurde diesem Gesetz kaum Bedeutung zugeordnet.“
Wieso keine Bedeutung?
„Die Behörden sahen sich zum einen mit dem Gesetzestext überfordert, zum anderen war es so, dass die Landratsämter, hier explizit die Lebensmittelüberwachung, mit diesem Instrument nicht so klargekommen sind und auch teilweise von der Wirtschaft in die Ecke gedrängt wurden.“
Sie haben schon vor drei Jahren, da war dieses Gesetz gerade mal ein halbes Jahr im Einsatz, die Ampel für die Hotellerie gefordert.
„Das ist richtig. Die Sache ist nun dreieinhalb Jahre her, und der Gesetzgeber hat das so auch im neuen Gesetz geregelt. Die Berliner Behörde – hier federführend Pankow – hat den Smiley ins Gespräch gebracht, der sich aber ausschließlich mit dem Bereich Lebensmittelhygiene auseinandersetzt, was auch sehr löblich ist. Hier gab es sehr hitzige Diskussionen, ob diese ganze Sache auch gesetzeskonform ist.“
Ist es denn?
„Ja klar, es gibt darüber ein Rechtsgutachten aus dem Jahr 2010, das der Berliner Senat hat erstellen lassen. Danach sind Überprüfungen und Veröffentlichungen im Internet oder mittels Aufkleber legitim.“
Sie sprachen aber 2009 über eine ganzheitliche Überprüfung.
„Die Idee, die dahinter gesteckt hat, war die, dass Krankenhäuser und Altenheime sich zu dieser Zeit zertifizieren lassen mussten, um die sogenannte Kassenzulassung von der kassenärztlichen Vereinigung zu behalten. Die Krankenhäuser, die sich nicht zertifizieren ließen, haben ihre Zulassung verloren. Es gab damals einige Krankenhäuser, die dann schließen mussten, bis die entsprechende Zertifizierung vorlag.“
Was bedeutet denn eigentlich das neue Gesetz?
„Ich sage mal ganz hart, das neue Gesetz hat kaum jemand richtig gelesen, sonst wäre schon im Vorfeld beim Entwurf und der Beratung zum Gesetz Mord und Totschlag ausgebrochen.“
Inwiefern? Ich verstehe nicht, was sie damit meinen.
„Zeitgleich war eine hitzige Diskussion über die Hygieneampel ausgebrochen. Verbände und Hoteliers haben sich auf diesem sogenannten Kriegsschauplatz getummelt, und es ging so hoch her, dass man den Nebenkriegsschauplatz nicht so mitbekommen hatte.“
Das klingt wie „moderne Kriegsführung“ – können Sie das mal erklären?
Ja, es geht einmal um die EU-Richtlinien zum sogenannten Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch, worunter auch das Thema „Lebensmittel und Hygiene“ fällt, und dann im weiteren Teil um die Verbraucherprodukte. Wenn man unter Wikipedia das Wort „Produkt“ eingibt, kommt auch Dienstleistung heraus. Hier ein Zitat: ‚Der Begriff Produkt umfasst sowohl Sachgüter und Dienstleistungen. Das Produkt der Beherbergungsindustrie ist die Übernachtungsleistung /Beherbergungsleistung, das Bett/Zimmer/Haus, eventuell verbunden mit Verpflegung /Bewirtungsleistung (z.B. Halb- oder Vollpension oder garnis) und /oder sonstigen Betreuungs- und Unterhaltungsleistungen (vgl. leicht verändert nach: Freyer: Tourismus 6. Auflage)’.“
Und wie darf ich das jetzt verstehen?
„Das bedeutet somit auch, dass hier das Produktsicherheitsgesetz zum Tragen kommt, man spricht auch von der „Marktüberwachung“, welche man auf hochdeutsch als Amt für Arbeitsschutz, Lebensmittelüberwachung, Gesundheitsamt und vorbeugenden Brandschutz (Bauaufsicht) bezeichnen kann, die im Rahmen ihrer Kontrollen auch für den Schutz der Verbraucher da sind.“
Heißt das, das Thema Verbraucherinformation kann sich auch auf die Dienstleistung erweitern?
„Ja, das ist richtig. Man kennt es schon aus den Bewertungsportalen oder auch von den gesetzlichen Bestimmungen des Travel Risk Management, wonach der Arbeitgeber nach dem § 618 BGB verpflichtet ist, Fürsorge auf Dienstreisen seiner Angestellten walten zu lassen. Diese gesetzlichen Grundlagen sind alle schon vorhanden, nur werden sie jetzt immer mehr in rechtssichere Tücher gepackt.“
Was kommt denn dadurch nun auf den Hotelier zu?
„Eigentlich gar nichts. Wenn er die gesetzlichen Normen erfüllt, hat er auch nichts zu befürchten. Nur, die Realität sieht anders aus. Ich vergleiche es auch gerne mit den LKW-Kontrollen auf der Autobahn durch die Polizei bzw. BAG. Eigentlich müssten die LKW in einem verkehrssicheren Zustand sein, da sie regelmäßig durch Haupt- und Zwischenuntersuchungen überprüft werden. Aber die Realität sieht anders aus, da werden reihenweise die Fahrzeuge aus dem Verkehr gezogen und so ist es in den Hotels auch. Hier hat nun die Behörde ein Handwerkszeug erhalten, dem einen Riegel vorzuschieben.“
Was kann der Unternehmer tun?
„Er sollte auf die Mitarbeiter einwirken, damit die gesetzlichen Grundlagen eingehalten werden und auch auf kompetente Beratung zurückgreifen. Im Fernsehen sieht man es fast täglich, wie es in Hotels und Restaurantbetrieben aussieht. Man braucht doch nur Achtung Kontrolle, Christian Rach, Kochprofi, Heinz Horrmann, Rosini oder auch meine Reportagen zu sehen. Der Gast, so will es das VIG, soll wissen, wie es hinter der Front aussieht. Und für die Hotels bedeutet es, mehr für die Sauberkeit zu tun.“
Wenn man jetzt davon ausgeht das nicht nur der Küchenbereich sondern das komplette Hotel in diesen Prüfung Komplex ist wie umfassend ist das und haben Sie darüber Erkenntnisse?
„So ein Check dauert etwa dreiviertel Tag dabei wird auch überprüft ob eine Dokumentation (über Hygiene, Arbeitsschutz, Gefährdungsanalysen, Unterweisungen und Brandschutz vorhanden ist. Dann wird eine Begehung gemacht genauso wie die Behörden es machen. Rund 380 Punkte werden dabei abgearbeitet. Wir haben 2005 das System erarbeitet und seit 2007 rund 120 Betriebe danach zertifiziert und es lief unter dem Begriff Service Qualität und Sicherheit. Diese Betriebe wurden dann auch entsprechend mit Urkunde und Schild ausgezeichnet Diese Überprüfung ist heute einer der drei Bausteine (Service Qualität und Sicherheit wo das Verbraucherinformationsgesetz aufgebaut ist.“