Skip to content

"Fuck Compliance!": Viele können mit dem Begriff "Compliance" nichts anfangen – Ärger um Korsett für Geschäftsreisen

Fuck Compliance!: Viele können mit dem Begriff "Compliance" nichts anfangen - Ärger um Korsett für Geschäftsreisen

Fuck Compliance!: Viele können mit dem Begriff "Compliance" nichts anfangen - Ärger um Korsett für Geschäftsreisen(Berlin, 06. März 2015) Haakon Herbst setzt ein Statement: Der Präsident der HSMA Deutschland zeigte sich auf der ITB in Berlin im blauen T-Shirt mit dem Ausdruck “Fuck Compliance!”. Mit der ungewöhnlichen und stilistisch umstrittenen Aktion lenkt der Vordenker den Fokus auf ein Dauerthema im Travel Management und MICE Business. Compliance bleibt auch in diesem Jahr ein Topthema in den Chefetagen der Unternehmen und hat weitreichende Auswirkungen auf die Einhaltung von – mehr oder weniger strikten – Reiserichtlinien.


VDR-Lexikon: Compliance
Der Begriff „Compliance“ stammt von „to comply“ (engl. „entsprechen, befolgen, erfüllen, gehorchen“). Compliance wird im Deutschen meist als „Regeltreue“ oder „Regelkonformität“ verstanden. So ist Compliance die in der Verantwortung des Vorstands liegende Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen und unternehmensinternen Richtlinien.
Im Mobilitätsmanagement versteht man Compliance einerseits als die Vermeidung von Korruption und anderen unethischen Praktiken wie Kinderarbeit oder Prostitution. Im Fokus stehen unlautere Beeinflussungsversuche durch Zuwendungen, im weiteren Sinne auch die nicht sachgerechte Ausstattung geschäftlicher Veranstaltungen, z.B. durch Auswahl touristisch attraktiver oder gar exotischer Destinationen, durch luxuriöse Veranstaltungsstätten, aufwändige Rahmenprogramme und Bewirtungen oder auch Einladung privater Begleitpersonen.
Compliance bezeichnet aber auch die Einhaltung von Reiserichtlinien. 95 Prozent der für eine Studie von Egencia und der GBTA Foundation befragten Travel Manager gaben an, dass Compliance für den Erfolg ihrer Arbeit wichtig oder unumgänglich sei. Geschehe dies nicht, entgingen den Unternehmen unter Umständen beachtliche Einsparungsmöglichkeiten – mindestens 45 Prozent.
Um die Mitarbeiter zur Einhaltung der Reiserichtlinien zu bewegen, kommunizieren 50 Prozent der Befragten Änderungen proaktiv. 16 Prozent informieren Neuerungen der Richtlinien einmal im Quartal und elf Prozent jährlich. Außerdem gaben 77 Prozent der Befragten an, dass sie keine Anreize zur Einhaltung der Firmenrichtlinien bei Geschäftsreisen bieten.
Frühzeitige Buchungen, die Buchung bevorzugter Leistungsträger oder die Buchung des niedrigsten verfügbaren Preises spielen in den Reiserichtlinien eine wichtige Rolle, werden aber zu 68 Prozent nicht eingehalten.
Um im Bereich Hotels Kosten zu sparen, versuchen 49 Prozent, Zusatzleistungen oder bessere Rahmenbedingungen auszuhandeln, zum Beispiel kostenloses Frühstück (56 Prozent), kostenloses Wlan (55 Prozent), kostenloses Parken (39 Prozent), Stornierung bis zum letzten Tag (36 Prozent) sowie Last Room Availability (24 Prozent). Die Mehrheit der Befragten (57 Prozent) gab an, dass sie in ihrer Kommunikation zu den Geschäftsreiserichtlinien nicht an Vorzüge oder Zusatzleistungen von Hotels erinnern, die bei der Preisverhandlung berücksichtigt wurden.


Offenbar nehmen es viele Arbeitnehmer mit den Vorgaben im Job nicht so genau: Jeder vierte Arbeitnehmer gab zu, dass es zwar ein Regelwerk gäbe, sich aber aufgrund mangelnder Kontrollen ein eher lockerer Umgang mit bestehenden Vorschriften eingeschlichen habe. 17 Prozent gaben an, dass es in ihrem Unternehmen keine Compliance-Richtlinien gäbe; 23 Prozent konnten sich unter dem Begriff Compliance noch nicht einmal etwas vorstellen. Das ergab eine Umfrage von Recommind unter 1.000 deutschen Arbeitnehmern.

53 Prozent derer, die mit dem Begriff “Compliance” nichts verbinden, arbeiten in Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern; 24 Prozent sogar mit mehr als 5.000.

Die Arbeitnehmer wurden zudem hinsichtlich ihrer Sensibilität für mögliche Compliance-Verstöße getestet. Auf die Frage, ob die Annahme von Geschenken von Kunden, Lieferanten oder anderen Geschäftspartnern am Arbeitsplatz zulässig sei, zeigte sich jeder vierte Befragte völlig bedenkenlos. Immerhin 20 Prozent sahen eine Schmerzgrenze bei einem Geschenkwert von 30 Euro. Zwar ist die Wertgrenze, die die Annahme von Geschenken von Bestechlichkeit unterscheidet, gesetzlich nicht eindeutig geregelt, doch fallen Präsente im Wert von 20 bis 30 Euro gemeinhin unter akzeptable Aufmerksamkeiten. Jeder Fünfte gab zu, in dieser Frage verunsichert zu sein und würde im Einzelfall seinen Vorgesetzen fragen. Handlungssicherheit seitens der Mitarbeiter durch klare Standards und Schulungen ist nicht ausreichend gegeben.

Trotz wachsenden Drucks durch zunehmende Regulierungen und strafrechtliche Konsequenzen bei Compliance-Verstößen, bleiben nach wie vor zu viele Unternehmen in Sachen Compliance Management auf halber Strecke stehen. Das ergab eine in Zusammenarbeit mit einem Studienprojekt der Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt durchgeführte Befragung von 169 deutschen Unternehmen nach dem Status Quo ihres Compliance Management Systems (CMS). Die Umfrage unter Leitung von Prof. Dr.-Ing. Christine Wegerich erfolgte in Zusammenarbeit mit Recommind.

Lediglich 79 Prozent der Befragten sagten aus, dass in ihrem Unternehmen bereits entsprechende Maßnahmen umgesetzt werden. Fast jedes fünfte Unternehmen (18 Prozent) zeigt hier noch Handlungsbedarf, sich überhaupt mit dem Thema auseinanderzusetzen. Bei der Frage nach den Gründen, weshalb Compliance bisher keine Rolle spielte, wurden vor allem mangelnder Bedarf und mangelnde Ressourcen angeführt.