E-Networking „Employer Branding in Zeiten des Fachkräftemangels“ – Ist die Travelindustrie ein ungeliebter Arbeitgeber? – Der Kandidatenmarkt fragt nach Sinnstiftung – Schnelligkeit bei der Einstellung ist Erfolgsfaktor – Ende der Pandemie wird Branche befeuern
Frankfurt/Main, 18. Februar 2022 – Die Pandemie hat in der Reisebranche ein Problem erheblich verschärft, das sich schon seit Jahren bemerkbar macht: den Fachkräftemangel. Grund genug für den Travel Industrie Club, dem Thema „Employer Branding in Zeiten des Fachkräftemangels“ ein spezielles e-Networking zu widmen. Moderator Dominik Kuhn, Journalist von der Pike auf und seit Oktober 2020 einer der drei Geschäftsführer von BallCom, verwies zu Beginn auf das „Frühwarnsystem Hochschule“: 20 bis 40 Prozent der Tourismusstudierenden, je nach Region, wählen nach dem Abschluss einen Beruf außerhalb des Tourismus. Kuhn: „Ist die Travelindustrie ein ungeliebter Arbeitgeber?“
Der Mangel an Tourismuskräften habe auch mit einem generellen Imageproblem zu tun, räumte Lena Weber ein, bei der TUI Head of Global Talent Acquisition and Employer Branding. Gemeinsam mit Natalie Plavonil, frischgebackene Employer Branding Manager der TUI und von London aus zugeschaltet, stellte sie die Bemühungen des Reiseveranstalters vor, aus der Pandemie mit einem engagierten und glücklichen Stab von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zurückzukommen. So gebe man beim Recruiting – das komplett online abläuft – unter anderem dem Bedarf der Bewerberinnen und Bewerber nach, viel ortsunabhängiger als früher arbeiten zu können. Es wird möglich sein, sofern der entsprechende Job das zulässt, bis zu 30 Arbeitstage pro Jahr im Ausland zu arbeiten, zum Beispiel in einer Feriendestination oder in der Lieblingsstadt. Neben dieser Flexibilität wurden auch andere Werte aufgelistet, die das Arbeiten für den globalen Veranstalter reizvoll macht – unter anderem die digitale Transformation, „freundliche Kollegen, die die Leidenschaft zum Reisen teilen“, und nicht zuletzt das TUI-Produkt, Reisen als „das einzige Ding, das dich reicher macht, wenn du es kaufst…“
Es sei wichtig, solche Werte zu definieren, stimmte André Klein den TUI-Vertreterinnen zu. Klein ist Geschäftsführender Gesellschafter des Markenentwicklers Saint Brand und entwickelt seit 30 Jahren Markenkonzepte nicht nur für die Touristik. Employer Branding, so seine Überzeugung, müsse nicht nur sinnstiftend nach außen, sondern auch nach innen sein: „Denn genau so wichtig ist die Bindung bestehender Mitarbeiter!“ Wie man solche gewinnen und halten kann, machte Ayke Sander deutlich, Head of Operations and Marketing des rasant expandierenden Jugendreiseveranstalters Juvigo: Als sie vor dreieinhalb Jahren zu ihrem Arbeitgeber kam, hat sie wie alle Beschäftigten „vom ersten Tag an viel Verantwortung übernommen“. Zudem erhielten die jetzt 40 Mitarbeiter sowie Bewerber „super viel Informationen über das Unternehmen“.
Wir haben es heute nicht mehr mit einem Arbeitgebermarkt, sondern mit einem Kandidatenmarkt zu tun, betonte Sigrid Laubner-Peters Geschäftsführerin von Exgeniam, einer inhabergeführten Personalberatungs-Agentur. Laubner-Peters: „Es ist mühsamer, härter und anspruchsvoller geworden, Kandidaten zu gewinnen.“ Große Schnelligkeit beim Bewerbungsprozess sei heute einer der Erfolgsfaktoren. Zudem müsse die Firmenkultur glaubhaft und transparent präsentiert werden. Dabei könne die „Mitwirkung von Führungskräften als gewinnende Persönlichkeiten“ hilfreich sein. Schließlich suchten die Bewerber „nicht nur Geld, sondern auch Glück“.
In dieses Bild passt auch die Untersuchung zu „Mitarbeitermarkt und Fachkräftemangel“ der Newsletter-Gruppe Reise vor9, Counter vor9 und Hotel vor9, die Chefredakteur Christian Schmicke zur Abrundung des e-Networkings vorstellte. Das Stimmungsbild, so betonte er, sei nicht repräsentativ. Doch beunruhigend ist, dass 45 Prozent der befragten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an einen Wechsel in eine andere Branche denken. Bleibt der Fachkräftemangel im Tourismus also auch nach Corona ein Dauerthema? Sigrid Laubner-Peters bleibt da optimistisch: „Wenn mal wieder alles geöffnet ist, kommen die Mitarbeiter zurück, vielleicht nicht in der Fülle wie früher…“ Aber sicher sei, „dass das Ende der Pandemie die Branche befeuert.“