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Das sind die Folgen des Mindestlohns: Außerordentliche Preiserhöhungen in Gastronomie und Hotellerie – Weniger Angebot und reduzierte Öffnungszeiten – Aktion gefordert: Kosten senken

(Berlin, 10. April 2015) 100 Tage Mindestlohn: Die Auswirkungen im Gastgewerbe sind erheblich. Im strukturschwachen Urlaubsland Mecklenburg-Vorpommern stiegen die Preise allein im Februar um 4,8 Prozent (Bundesdurchschnitt: +2,5%); dies wird wohl Auswirkungen auf den Außer-Haus-Konsum bei Kurzreisen haben. Bundesweit steigen die Personalkosten in der Hotellerie im Schnitt um neun Prozent und in der Gastronomie um 13 Prozent, errechnete der Heilbronner Hotelmanagement-Professor Christian Buer. In Baden-Württemberg sehen über 30 Prozent der Gastro-Unternehmer mittelfristig die Existenz ihres Betriebes gefährdet, ergab eine Dehoga-Umfrage.

Mindestlohn – Das ist nun zu tun:

  • Preise (moderat) erhöhen
  • Arbeitszeiten reduzieren
  • Öffnungszeiten einschränken, z.B. Mittagstisch abschaffen, nachmittags schließen, Serviceangebot (und damit Personal) reduzieren
  • Fixkosten (Energie, Wasser) durch neue Technologien senken
  • andere Fixkosten reduzieren, z.B. EC-Kartenzahlung in F&B-Outlets nicht mehr anbieten

Welche Maßnahmen treffen Sie, um Kosten in ihrem Gastbetrieb zu senken?
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Auswirkungen Mindestlohn - Umfrage Dehoga Baden-Württemberg

Die Mehrkosten durch den Mindestlohn entsprechen in der Hotellerie durchschnittlich zwei Prozent des für 2015 erwarteten Umsatzes und in der Gastronomie drei Prozent des Umsatzes, heißt es in der Studie Heilbronner Institut für angewandte Marktforschung, die mit Unterstützung des Dehoga-Bundesverbandes und des IHA (Hotelverband Deutschland) erstellt wurde (deutschlandweit 1.512 befragte Personen, davon 49% Hoteliers und 51% Gastronomen). Vor allem Kleinst- und Kleinbetriebe sind von der Einführung des Mindestlohns ökonomisch stärker betroffen. So liegt beispielsweise der Anteil Mehrkosten durch den Mindestlohn an den Personalkosten bei Kleinst- und Kleinbetrieben (unter 100.000 Euro Umsatz) bei 13 Prozent, während er bei Großbetrieben mit fünf Millionen Euro Umsatz und mehr bei drei Prozent liegt.


Ingrid Hartges
Ingrid Hartges

Dehoga-Chefin Ingrid Hartges zum Mindestlohn:
„In unseren Betrieben herrscht Bürokratiefrust. Sorge und Unmut sind deutlich spürbar. Als größte Zumutung empfinden die Unternehmer die neuen umfassenden Dokumentationspflichten. So muss jeder Betrieb seit 1. Januar für jeden Mitarbeiter bis zu einem Bruttoverdienst von 2958 Euro schriftlich Anfang, Dauer und Ende der Arbeitszeit festhalten. Zudem sind durch den Mindestlohn gerade kleine und mittelständische Betriebe in strukturschwachen Regionen, vor allem in Ostdeutschland, gefährdet. Denn hier sind nicht wenige Betriebe von Personalkostensteigerungen von 20 Prozent und mehr betroffen. Zudem scheinen sich neben mehr Bürokratie und höheren Lohnkosten mancherorts auch weitere vom Dehoga prognostizierte Auswirkungen zu bestätigen: Etwa eingeschränkte Öffnungszeiten oder höhere Preise. Eine unserer Hoffnung ist deshalb, dass die große Mehrheit der Deutschen, die den Mindestlohn befürwortet, jetzt auch bereit ist, für gute Produkte und Dienstleistungen gute Preise zu zahlen.“


Das regionale Gefälle zeigt auf, dass vor allem gastronomische Betriebe in Ostdeutschland unter den Folgen des Mindestlohns leiden: Die Gastronomie dort erwartet 15 Prozent Mehrkosten durch den Mindestlohn an den Personalkosten und insgesamt eine Steigerung der Personalkosten von 21 Prozent. „Die Kernfrage ist“, so Prof. Dr. Buer, „wie diese Mehrkosten und Steigerungen ausgeglichen werden können. Es ist zu erwarten, dass die Hotels und Restaurants die Preise erhöhen werden, um so einen Teil der Mehrkosten abzudecken“. Dementsprechend erwarten Gastronomiebetriebe in Ostdeutschland auch die mit Abstand höchste Umsatzsteigerung von 25 Prozent von 2014 auf 2015.

Generell geben Betriebe, die mit höheren Mehrkosten durch den Mindestlohn rechnen, auch eine im Verhältnis größere Umsatzsteigerung an. Dies könnte das durch den Mindestlohn entstehende Defizit ausgleichen. Die Ausnahme in der vorliegenden Erhebung sind Hotels im Osten und Süden, welche die höheren Kosten durch Mindestlohn und Personalkosten nicht analog durch einen höheren Umsatz auszugleichen erwarten. Wenn die von den Betrieben erwartete Umsatzsteigerung eintritt, so fallen je nach Region und Betriebsgröße im Schnitt Mehrkosten durch den Mindestlohn zwischen einem Prozent und vier Prozent des Umsatzes an.

Preiserhöhungen sollen Mindestlohn kompensieren
Die betriebswirtschaftlich notwendige Handlung der Betriebe zur Kompensation des Mindestlohns zeigt sich auch in der direkten Abfrage geplanter oder umgesetzter Maßnahmen: 75 Prozent der Hoteliers und 88 Prozent der Gastronomen haben bereits einen Teil der Mehrkosten über eine Erhöhung der Verkaufspreise kompensiert oder planen dies. Zweidrittel der Gastronomen wird oder hat bereits die Speisekarten angepasst. Des Weiteren wird mindestens jeder zweite Gastronomie- oder Hotelbetrieb die Mitarbeiterstruktur überprüfen und anpassen, um die Personalkosten zu optimieren. Allerdings erwartet die Branche auf die Gesamtzahl der Mitarbeiter bezogen keine negativen Beschäftigungseffekte. Je nach Anstellungsverhältnis ergeben sich Unterschiede: So wird ein geringer Anstieg an Teilzeitkräften und Auszubildenden erwartet, dem eine geringe Reduktion an Mini-Jobbern gegenübersteht.

Die Branche steht dem Mindestlohn kritisch gegenüber
Rund jeder zweite Hotelier und Gastronom bewertet den Mindestlohn als ein negatives Ereignis, nicht notwendig, sinnlos und ökonomisch nicht bewältigbar. Die andere Hälfte steht dem Mindestlohn neutral oder positiv gegenüber. Die größten Herausforderungen sehen Hoteliers wie Gastronomen nicht in den Mehrkosten durch den Mindestlohn, sondern in der Dokumentationspflicht und im Aufwand zur Umsetzung. 70 Prozent der befragten Hoteliers und 78 Prozent der Gastronomen sehen in der Dokumentationspflicht eine große oder sehr große Herausforderung. Der Aufwand zur Umsetzung wird von 66 Prozent der Hoteliers und 75 Prozent der Gastronomen als große oder sehr große Herausforderung erlebt.

Insgesamt ist festzustellen, dass Hoteliers dem Grundgedanken des Mindestlohnes im Verhältnis zu den Gastronomen eher folgen. Auch regional unterscheidet sich die Einstellung zum Mindestlohn. Betriebe im Norden und Westen der Bundesrepublik sind dem Mindestlohn und seinen Auswirkungen gegenüber aufgeschlossener als dies die Betriebe im Süden und Osten sind.

In der Gesamtbewertung ist festzuhalten, dass die Politik den positiven Effekt des Mindestlohnes in dieser Branche nicht vermitteln konnte. Die Folgen des Mindestlohnes wurden anfangs ökonomisch diskutiert. Mittlerweile hat sich der Schwerpunkt zur Frage der bürokratischen Bewältigung verlagert. Dies spiegeln die Ergebnisse der Studie ebenfalls wieder.