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Wieder Abmahnung für HRS – Bundeskartellamt bewertet Bestpreisklausel immer noch kritisch

UPDATE (Bonn, 25. Juli 2013) Das Bundeskartellamt hat seine wettbewerblichen Bedenken gegenüber der HRS-Bestpreisklausel bekräftigt. Nach Prüfung der Stellungnahmen des Kölner Hotelbuchungsportals und aller anderen maßgeblichen Marktteilnehmer hat das Bundeskartellamt HRS erneut wegen Verstoßes gegen deutsches und europäisches Wettbewerbsrecht abgemahnt.

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Die Verträge zwischen HRS und den im Portal präsentierten Hotels enthalten sogenannte Bestpreisklauseln. Danach müssen die Hotels jedenfalls auch über HRS den jeweils niedrigsten Hotelpreis, die höchstmögliche Zimmerverfügbarkeit und die jeweils günstigsten Buchungs- und Stornierungskonditionen im Internet anbieten. Seit März 2012 darf das Hotel Reisenden selbst dann keine besseren Konditionen anbieten, wenn diese direkt an der Rezeption des Hotels eine Buchung vornehmen.  Nach Aufforderung durch das Bundeskartellamt hat sich HRS verpflichtet, während des laufenden Verfahrens auf eine Durchsetzung ihrer Bestpreisklausel gegenüber den Hotels zu verzichten.

Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes: „In diesem Verfahren geht es um eine ganz grundlegende Frage für das Internet-Geschäft über Plattformen. Ähnliche Klauseln, wie sie HRS verwendet, findet man auch bei anderen Plattform-Betreibern in anderen Branchen. Bestpreisklauseln werden auch von den Hauptwettbewerbern von HRS angewendet und sind vielfach nur auf den ersten Blick zum Vorteil der Verbraucher. In Wirklichkeit behindern die Bestpreisklauseln den Wettbewerb der bestehenden Portale um bessere Angebote, weil sie den Wettbewerb um niedrigere Preise für Hotelzimmer zwischen den Hotelportalen in Deutschland praktisch ausschließen. Zudem wird der Marktzutritt neuer Anbieter mit innovativen Dienstleistungen wie Last-Minute-Angeboten über das Smartphone erheblich erschwert, da diese neuen Wettbewerber Hotelzimmer aufgrund der Bestpreisklauseln nicht preiswerter anbieten können. Auch der Wettbewerb zwischen den Hotels wird beschränkt, weil sie ihre Preise nicht frei gestalten und auf neue Wettbewerbssituationen nicht flexibel reagieren können. Letztlich hat der Verbraucher das Nachsehen, da ihm preiswertere Angebote und günstigere Konditionen etwa für Stornierungen weder von anderen Portalen noch von den Hotels selbst unterbreitet werden dürfen.“

Die nun erweiterte Abmahnung des Bundeskartellamtes gibt HRS Gelegenheit, seine bisherige Haltung noch einmal zu überprüfen. Die Vertragsbedingungen zwischen Internetplattformen und Hotels sind inzwischen auch ein Thema für weitere Kartellbehörden innerhalb und außerhalb der Europäischen Union geworden. Dabei geht es zum Teil auch um die wettbewerbsbeschränkenden Wirkungen von Bestpreisklauseln, die Hotelportale u.a. gegenüber den dortigen Hotels anwenden. Das Bundeskartellamt steht hier in einem engen Dialog mit den ausländischen Kollegen.

HRS spielt Entscheidung herunter
Bei HRS bemüht man sich, die Veröffentlichung des Bundeskartellamtes herunter zu spielen. Es sein noch keine Enscheidung gefallen, so der Titel einer aktuellen Pressemitteilung aus Köln. Man wollen den Dialog für zu einer endgültigen Entscheidung fortsetzen. HRS-Chef Tobias Ragge plant offenbar, so lange wie möglich an der umstrittenen Bestpreis-Klausel festhalten zu wollen. „Bestpreis-Klauseln sind keine Erfindung von HRS, sondern sind internationaler Branchenstandard im Internet-Vertrieb. Insofern lässt die heutige Mitteilung des Bundeskartellamts unserer Ansicht nach erkennen, dass es wieder zu gleichen Bedingungen innerhalb der Reisevermittlerbranche kommen wird und wir nicht dauerhaft benachteiligt werden sollen”, so seine Mitteilung.

Nach wie vor widerspricht HRS auch der Darstellung der Behörde, die Bestpreis-Klausel sei zum Nachteil der Endkunden – das Gegenteil sei der Fall, heißt es in einem Kommuniqué. “Dies wurde inzwischen im Wesentlichen durch ein Gutachten bestätigt, in dem Prof. Dr. Roman Inderst von der Goethe-Universität Frankfurt die wirtschaftliche Wirkungsweise der Bestpreis-Garantie im Hotelvermittlungsgeschäft untersucht hat. Die Bestpreis-Garantie ist vorteilhaft für alle Marktteilnehmer. Sie dient in erster Linie den Verbrauchern und minimiert ihre Suchkosten. Daher haben die meisten Hoteliers Verständnis für die Notwendigkeit der Bestpreis-Klausel, um eine transparente und einheitliche Preispolitik gegenüber den Endkunden zu gewährleisten“, so Ragge.

Können Hotel bald wieder unternehmerische Freiheit zurück gewinnen?
Der Hotelverband Deutschland (IHA) ist in seiner ablehnenden Haltung zur Bestpreis-Klausel von HRS bekannt. Nun postulierte IHA-Präsident Fritz G. Dreesen: „Das ist für die Hoteliers in Deutschland ein enorm wichtiger Zwischenschritt zur Wiedererlangung ihrer unternehmerischen Entscheidungsfreiheit in Distributionsfragen.“ Man hoffe nun, dass die Verfahren gegen HRS und evtl. andere Hotelbuchungsportale zeitnah abgeschlossen werden können und wieder Rechtssicherheit einziehe.

Nach einer rechtskräftigen Per-se-Untersagung von Raten- und Verfügbarkeitsparitäten dürften diese von Hotelbuchungsportalen auch nicht mehr auf „rein freiwilliger“ Basis exerziert werden. „Da diese Praktiken bei sämtlichen marktführenden Portalen Anwendung finden, wäre eine Ausweitung der Kartellamtsermittlungen auf die unmittelbaren Wettbewerber von HRS ein logischer Schritt. „Die Hotellerie in Deutschland ist es jedenfalls leid, von ihren Vertriebspartnern tagtäglich wegen echter oder vermeintlicher Verstöße gegen Paritätsverpflichtungen abgemahnt und unter Druck gesetzt zu werden.“ Durch ein behördliches Verbot verpflichtender Paritäten erhielten die Hotels in Deutschland u.a. die Möglichkeit zurück, die unterschiedlichen Kosten der diversen Vertriebskanäle in ihren Zimmerpreisen widerzuspiegeln.