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Werte 2.0 – Sind unsere Führungskräfte richtig aufgestellt?

Bernd Nieding

Ein Gastkommentar von Bernd K. Nieding

Oft werde ich gefragt, wie sich die Personalfrage in den kommenden Jahren gestalten wird. Eigentlich einfach zu beantworten… Fest steht, unsere Branche ist schlechter aufgestellt, als das Image nach außen scheint!

Kürzlich habe ich mal wieder in einem Restaurant hinter die Kulissen geschaut. Sozialräume?… negativ, Lohn- oder Freizeitausgleich für Überstunden?… negativ, Mindestlohn erfüllt ?… negativ, Tariflohnzahlung? …negativ ….Umgangston? … unverhältnismäßig. Ich könnte noch viel mehr aufführen, leider!

Die Branche gräbt sich ihr eigenes Grab! Ich bin sicher, dass sehr bald Betriebsstätten oder auch ganze Betriebe still gelegt werden müssen, weil das geeignete Personal nicht (mehr) zur Verfügung steht. Die Wertschätzung für die Mitarbeiter fehlt sehr häufig. Diejenigen, die eigentlich das Ergebnis und den Erfolg erarbeiten, werden oft nicht entsprechend fair und partnerschaftlich behandelt.

Meist liegt es am Führungspersonal selbst, das dafür nicht gut ausgebildet ist und im Bereich HRM wenig oder keine Erfahrung hat, da es oft durch Turborekrutierung schnell Amt und Würden erreicht, fachlich vielleicht brauchbar ist, im Thema Führungsstil aber oft überfordert. Da fehlt das „Feeling“, mit Menschen umzugehen, auf Ihre persönlichen Bedürfnisse mehr einzugehen und diese auch zu begleiten in schwierigen Lebenssituationen, was für die restlichen Wirtschaftszweige in Deutschland nahezu selbstverständlich ist.

Geben wir also auch unseren jungen Führungskräften mehr Weiterbildungsmöglichkeiten und schulen sie entsprechend!

Dann haben wir da viele junge Menschen, die sich für unsere Berufe interessieren, die vielleicht durch den nach außen wirkenden Glanz und Glimmer der Hotelwelt angelockt werden, durch lässige Promiköche in TV-Shows mit Stargagen, oder gelockt durch bunte Bildchen mit coolen Typen, oder dünnen Videoclips. Wenn sie dann aber im Betriebsgefüge angekommen sind, lernen Sie die Wahrheit kennen. Azubiabbrecherquote, bis zu 50 Prozent!

Auch sollte niemand es sich mehr leisten, im Gutsherrenstil sein Personal zu quälen. Leider gibt es noch viel zu viele Patriarchen, die noch den Führungsstil von vorgestern leben, und damit ihr eigenes Unternehmen sukzessive ruinieren werden!

Viele glauben, das gibt s nur noch in Einzelunternehmen. Nicht unbedingt! Diese nämlich haben oft verstanden, wie wichtig gutes und beständiges Personal ist, Mitarbeiter sind häufig integriert in die Eigentümerfamilien, haben geringste Fluktuation; sie stehen Jahrzehnte loyal hinter ihren Chefs.

Leider geistert auch in Hotelketten das Phänomen „Patriarchat“ noch umher. Anweisungen im militärischen Stil mit hochfrequenter Tonalität sind auch hier immer wieder zu finden.

Wenn wir nicht bald anfangen, unser Humankapital, das mit und für uns tätig ist, „menschlich“ zu behandeln, und es behutsam und fachlich weiter zu entwickeln und zu motivieren, stehen wir bald vor dem Supergau!

Lassen wir s nicht soweit kommen, schneiden wir die alten Zöpfe ab!

Herzlichst, Ihr Bernd Nieding

Über den Autor: Bernd K. Nieding zählt mit über 30 Jahren Erfahrung in Managementpositionen der Tophotellerie zu den erfahrenen Führungskräften der Branche. Nach langjähriger Tätigkeit für internationale Markenhotel-Gesellschaften ist Nieding heute selbstständiger Hotelberater. Mehr: http://www.nieding-hotelsolutions.de