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Wenn Behörden Hotels erpressen wollen: Wie man sich gegen Abzocke von Hotelchecks wehren kann – Tipps von Hotelsicherheits-Experte Ulrich Jander

(Rüsselsheim, 20. März 2014) Immer wieder wird von Hoteliers berichtet, dass es mit Behördenvertretern bei den Hotelbegehungen zu gewissen Spannungen kommt. Mancher Hotelier fühlt  sich „über den Tisch gezogen“. Der aus dem Fernsehen bekannte Hotelsicherheits-Experte Ulrich Jander berät seit über 20 Jahren Hotels in Fragen der Sicherheit und nimmt dazu im Interview Stellung.

Hotelchecker Ulrich Jander bei der Hygiene-Messung
Hotelchecker Ulrich Jander bei der Hygiene-Messung

Behörden versuchen Hotels abzuzocken oder gar zu erpressen – sind es Einzelfälle oder ist das übertrieben?
Ulrich Jander: „Gott sei Dank sind das Einzelfälle, der größte Teil der Aufsichtsdienste arbeitet korrekt. Aber er gibt schon eine gewisse Anzahl von Vorfällen, die wir auch mitbekommen haben.“

Können Sie das mal schildern?
Jander: „Es gibt in den diversen Bereichen wie Brandschutz, Lebensmittelüberwachung Gewerbeaufsicht oder Berufsgenossenschaft schon solche Vorfälle, es ist da im Prinzip keine Sparte ausgenommen.“

Wie muss man sich das vorstellen?
Jander: „Ein Beispiel: Der Brandschützer, der im Hotel seine Brandverhütungsschau machen sollte, begrüßte den Direktor mit den Worten ‘Vielen Dank für die Einladung zum Essen am Wochenende mit meiner Familie, wenn Sie mich so nett eingeladen haben, denke ich mal, werden wir auch kaum Mängel bei der Begehung finden und können diese schnell abhaken.’ Da war der Direktor doch etwas geschockt, aber vier Essen und keine Mängelliste – das hörte sich nicht so schlecht an und schien sich die Waage zu halten.“

Das sind doch nur Einzelfälle …
„Nein, ganz und gar nicht. So hatte ein Hotelier die Behörde gerufen, weil der Vermieter nichts für die Sicherheit der Gäste tat, wofür er laut Vertrag zuständig ist. Die Behörde kam und schaute sich das Hotel an. Nach zwei Tagen rief der Verpächter den Hotelier an und machte ihm Vorwürfe, dass er die Behörde geholt hatte. Es tat sich nichts mehr, der Fall war abgeschlossen.“

Hört sich fast wie in einer Bananenrepublik an …
„So kann man es auch nennen. Bei dem Stichwort Banane fällt mir dann so die Karibik ein. Ein Lebensmittelkontrolleur beanstandete die Farbe eines frisch renovierten Bodens. Dann kam die Äußerung: ‘Wenn ich jetzt das nötige Geld hätte, würde ich Urlaub in der Karibik machen, und dann könnte ich solche Mängel einfach vergessen’. Hallo, geht’s noch? Man hatte dann schnell geschaltet und den Vorgesetzten informiert. Reaktion des Kontrolleurs: Man könne ja doch mal seine Träume äußern …“

Fällt es denn keinem auf, was da so abgeht?
„Nein, eigentlich nicht, weil diese Herrschaften schon aufpassen, dass sie nicht auffallen. Aber man muss auch sagen, und das stelle ich persönlich auch immer häufiger fest, dass vonseiten der Behörden das Motto ausgegeben wird: Das Hotel Zum Lustigen Hirsch ist doch in deinem Aufsichtsbereich, mach mal bisschen Stress, kleine Geschenke erhalten die Freundschaft …“

Wie kann man sich schützen?
„Es ist schwierig. Meine Empfehlung für das Hotel, nie alleine bei der Begehung sein, am besten immer jemanden dabei haben, der auch mitschreibt und ggf. Fotos macht. Sehr häufig werden Mängel aufgeschrieben, die gar keine sind, oder es wird etwas beurteilt, was überhaupt nicht gesehen wurde.
Ein Lieblingsthema von Bauleuten ist, dass Flucht und Rettungswegpläne bemängelt werden, wo keinerlei sichtbare Mängel vorhanden sind. Dann kommt die Aussage: Meine Frau könnte die Pläne nach den geforderten Grundlagen erstellen. Was macht der Hotelier? Er stimmt zu und somit hat der Kontrolleur wieder einen Auftrag in der Tasche.“

Und wenn man da ein Diktiergerät mitlaufen lässt …?
„Oh, das ist nicht gut, solche Sachen sind verboten und können dann ganz schön Stress bereiten.“

Aber welche Chance habe ich dann als Hotelier, da bin ich ja schutzlos ausgeliefert?
„Nun ja, es kann eng werden. Man die Möglichkeit – wenn der Anschein einer Bestechlichkeit besteht – den Kontrolleur des Hauses zu verweisen, also von seinem Hausrecht Gebrauch zu machen. In diesem Fall würde ich aber dann gleich drei Anrufe tätigen: Einmal die Polizei anrufen, weil der Kontrolleur sonst mit der ankommt, sowie den Anwalt des Hotels. Und der Vorgesetzte des Kontrolleurs muss über den Hinauswurf informiert werden.“

Nachdem Vorgesetzte informiert wurden, ist doch alles erledigt, oder?
„Na, das haut auch nicht immer ganz so hin. Ich selbst habe mit einem technischen Aufsichtsdienst seit über zehn Jahren Stress. Er sagte mir ganz frech ins Gesicht: ‘Wer sich beschwert, den mache ich fertig’. Der Vorgesetzte des Mannes sagte damals zu mir, das ist ein ganz lieber Mann, da gibt es keine Beschwerden, sie verwechseln da was. Der Stress ging immer weiter bis zu einem Vorfall, den dann sein neuer Chef sehr interessierte. Er bat mich, diese ganzen Sachen aufzuschreiben, er meinte, er wolle das regeln, es sei so nicht in seinem Sinne, wie der technische Dienst sich verhalte. Er wollte sich nach seinem Urlaub bzw. nach einem Seminar mit mir zusammen setzen, und die Fakten klären. Er meinte, der gewisse Herr müsse das Unternehmen dann verlassen. Gesagt getan, Unterlagen wurden an den zuständigen Herrn geschickt und es verging eine gewisse Zeit. Leider verunglückte der zuständige neue Chef in seinem Urlaub tödlich. Wenige Tage später kam die Klage des technischen Dienstes, ich sollte einen sechsstelligen Betrag bezahlen und eine schriftliche Erklärung abgeben, dass der Herr Soundso ein ganz netter Mensch ist. Die Sache ging vor Gericht und er bekam gar nichts. Nach fast einem Jahr ging der Stress weiter, der Mann gab einfach keine Ruhe. Ein Anruf bei seinem Dienststellenleiter brachte auch nicht den gewünschten Erfolg, erst als ich darauf hinwies, ich würde den Aktenordner an das Landeskriminalamt übergeben, kam Ruhe rein.“

Das ist ja schon starker Tobak. Welche Möglichkeiten hat denn der Hotelier in einem solchen Fall?
„Sehr wichtig ist es, diese Sachen zu dokumentieren, damit man was in der Hand hat, denn wenn sich solche Sachen über einen längeren Zeitraum rauszögern, wird es schwierig. Wir haben uns angewöhnt, diese Dinge als Aktennotiz zu verfassen. Man darf sich nicht einschüchtern lassen, das ist bei solchen (Amts-)Personen oft der Fall. Es handelt sich hierbei um Behörden, somit Verwaltungsrecht, und ich habe die Möglichkeit, in Widerspruch zu gehen und somit das Verwaltungsgericht anzurufen. Wenn ich dann diese Vorgänge offen lege, würde es für den Anderen schon eng werden. Dass im Prinzip Sachen unrund laufen, weiß jeder, nur keiner wagt, etwas zu sagen. Thema Bauamt: Zog der Sachbearbeiter seine Schublade auf, blickte da hinein und sagte nichts. Nach zwei Minuten meinte er zum Antragsteller, er solle sich doch mal bei seinem Vorgänger informieren, wie man einen anständigen Antrag abgibt. Die Info sah so aus, dass zum Antrag ein leicht gefüllter Briefumschlag gehörte. Aber das ist das Problem der Beweisführung. Und solange solche Dinge nicht klar geregelt sind, wird die Bananenrepublik weiter leben.“