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Trotz Aschewolke kein Anstieg von Streitfällen erwartet

Presseanzeiger-Interview mit Reisejournalist Carsten Hennig

PresseAnzeiger: Durch die Aschewolke sitzen viele Urlauber fest. Trotzdem können Buchungen von Zimmern etc. nicht einfach storniert werden. Was können Urlauber tun?

Carsten Hennig
Carsten Hennig

Carsten Hennig: Grundsätzlich gilt: Aufgrund Flugstornierungen infolge von Naturereignissen gibt es kein Sonderkündigungsrecht für rechtsverbindliche Hotelbuchungen. Der Hotelier hat – je nach den gesetzlichen Bestimmungen – das Recht, die Zimmerraten zumindest teilweise zu verlangen. In der Praxis sieht meist anders aus: Zimmerreservierungen werden storniert, es entstehen keine Kosten und der Hotelier guckt in die Röhre. Urlauber sollten – bei größeren Reisen – allerdings stets eine Reiserücktrittsversicherung abschließen, um zum Beispiel nicht mehr rückholbare Ausgaben für Flüge u.a. wieder rein zu holen.

PresseAnzeiger: Erwarten sie einen Ansturm von Streitfällen zwischen Hotels, Airlines und Touristen?
Carsten Hennig: Jede Urlaubssaison bringt eine neue Reihe an (alten) Streitfällen mit sich. Da geht es um verbaute Hotelzimmer, nicht funktionierende Wellnessanlagen, Bauarbeiten vorm Hotel oder zu vielen russischen Gästen. Die Flugausfälle infolge des Vulkanausbruchs auf Island werden vermutlich nicht zu einer signifikanten Steigerung der Rechtsstreitigkeiten führen, da sich einerseits die Reiseveranstalter redlich bemühen, ihre Urlauber wohlbehalten zurückreisen zu lassen, andererseits die Fluggesellschaften und Hotels sehr kulant verhalten.

PresseAnzeiger: Wie schätzen sie die Auswirkungen auf den deutschen Hotelmarkt ein?
Carsten Hennig: Die Auswirkungen der Flugausfälle in ganz Europa auf die deutschen Hotels sind nicht absehbar. Zwar entspannt sich die Lage nun wieder, da die Flugverbote zunächst gelockert wurden. Doch die Ausfälle bei Geschäftsreisen und Konferenzen sind unübersehbar. Wie hoch diese ausfallen werden wir Anfang Mai in den Umsatzstatistiken ablesen können. Nur einige Hotels um die großen Verkehrsflughäfen herum verzeichneten einen sprunghaften Anstieg der Gästezahlen. So wird aus dem Airport Frankfurt/Main berichtet. Dagegen gab es am Flughafen München keine großen Zuwächse in den nahe gelegenen Hotels.

PresseAnzeiger: Sind die Fluggesellschaften etc. für derartige Ausfälle nicht ausreichend versichert?
Carsten Hennig: Inwieweit die großen europäischen Airlines Rückstellungen für derartige Umsatzausfälle gebildet haben, kann pauschal nicht beantwortet werden. Die wirtschaftliche Lage einzelner Fluggesellschaften ist nach dem Krisenjahr ohnehin nicht rosig. Während Lufthansa die Krise wohl gut übersteht, sieht es bei SAS umso dramatischer aus; hier wurden tausende Mitarbeiter frei gestellt. Inwieweit die zum Teil heftigen Aktienkursverluste die Airlines mittelfristig beschäftigen werden, bleibt zu beobachten.

PresseAnzeiger: Wie sehen die Hotels der Zukunft aus? Wohin geht der Trend?
Carsten Hennig: Ein erfolgreiches Hotel – ganz gleich in welcher Kategorie – zeichnet sich auch zukünftig durch exzellenten Service aus. Zuvorkommende Betreuung, herzliche Aufnahme und eine freundliche Atmosphäre machen auch weiterhin das professionelle Gastgebertum aus – das gilt für den familiengeführten Landgasthof wie für das internationale Luxushotel. Gleichrangig sind Sauberkeit und Hygiene: Jede Beherbergung muss hier gesteigerten Wert auf regelmäßige und gründliche Reinigung legen – gerade jetzt, wo die Bettwanze in unsere Breiten zurückkehrt. Ein erfolgreiches Hotel muss in der Zukunft auch den steigenden technischen Anforderungen gerecht werden: Auf der einen Seite in moderne Haustechnik investieren, um weiterhin Energie zu sparen. Auf der anderen Seite moderne Kommunikationstechnik wie Highspeed-Datennetze, TV- und Hifi-Systeme parat halten. Und ein Hotel mit Spa und Wellnessbereich muss auch hier ständig nachrüsten, in neue Wassertechnik oder Fitnessgeräte. Und auch „hinter der Bühne“ steht die Zeit nicht still: Viele Betriebe benötigen moderne Küchen- und Gartechnik oder neue Computersysteme für elektronische Buchungen und neue Abrechnungssoftware.

Das Interview erschien am 20. April 2010 auf presseanzeiger.de. Carsten Hennig ist Chefredakteure von hotelier.com. Die Frage stellte Markus Gärtner.