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Tourismus: Titel „Reiseweltmeister“ wird erfolgreich verteidigt

(Berlin, 07. März 2011) Mit 380 Millionen Übernachtungen in gewerblichen Betrieben und im Touristikcamping im vergangenen Jahr hat Deutschland zum dritten Mal in Folge Platz eins im europäischen Vergleich belegt. Die positive Entwicklung im Deutschlandtourismus setzt sich damit weiter fort. „Deutschland ist, anders als die meisten anderen europäischen Staaten, gestärkt aus der Krise hervorgegangen“, sagte Reinhard Meyer, Präsident des Deutschen Tourismusverbandes e.V. (DTV) in Berlin.

Deutschland ist immer eine Reise wert (Foto: Shopping in Hannover / DZT, Dirk Topel)
Deutschland ist immer eine Reise wert (Foto: Shopping in Hannover / DZT, Dirk Topel)

Man habe, so Meyer, schon im Krisenjahr 2009 ein hohes Niveau halten und 2010 sogar Zuwächse bei den Übernachtungen verzeichnen können (plus 2,9 Prozent in gewerblichen Betrieben im Vergleich von 2008 zu 2010). Der DTV-Präsident stützt sich dabei auf die Ergebnisse des „Sparkassen-Tourismusbarometers Deutschland 2010“ des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV). Demnach ist Deutschland das Land mit dem größten Inlandsreiseanteil in Europa. Dies wirkt stabilisierend und macht vergleichweise unabhängig von ausländischen Quellmärkten.

Tourismusbranche investiert verhalten
Trotz der positiven Nachfrage investieren die Tourismusbetriebe jedoch eher verhalten. Nach Angaben der Sparkassen ist das Kreditvolumen touristischer Betriebe in den letzten zwei Jahren leicht gesunken. Jede zweite Sparkasse hat in ihrem Geschäftsgebiet einen Investitionsstau in der Tourismuswirtschaft identifiziert. Davon betroffen sind insbesondere Gasthöfe und Pensionen, aber auch Restaurants und kleinere Hotels. „Diese Entwicklung ist bedenklich. Bei zunehmendem Wettbewerb und steigenden Ansprüchen der Gäste laufen die Betriebe Gefahr, mittelfristig nicht mehr wettbewerbsfähig zu sein“, kommentiert Dr. Karl-Peter Schackmann-Fallis, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes die Entwicklung.

2010: Die Krise ist vorbei
Im Jahr 2010 konnte Deutschland mit seinen vielen naturnahen Angeboten und seinem im europäischen Vergleich guten Preis-Leistungs-Verhältnis wieder zunehmend das Interesse der ausländischen Reisenden wecken. So sind die Übernachtungen der ausländischen Gäste nach Angaben des Statistischen Bundesamtes um zehn Prozent gestiegen. Auch der internationale Geschäftstourismus hat sich nach dramatischen Einbußen in 2009 wieder deutlich erholt; so konnte Deutschland sich als Top-Messe- und Tagungsort im internationalen Vergleich behaupten.

Knapp 356 Millionen Übernachtungen wurden im vergangenen Jahr in gewerblichen Betrieben mit über neun Betten und 24,4 Millionen auf Campingplätzen gezählt. Hinzu kommen 87 Millionen Übernachtungen in Privatunterkünften. In den gewerblichen Betrieben bedeutet dies bundesweit einen Übernachtungszuwachs von 3,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Mit Ausnahme Mecklenburg-Vorpommerns, das Verluste von 2,6 Prozent hinnehmen musste, und Thüringens, mit geringen Verlusten von 0,4 Prozent, konnten sämtliche Bundesländer Zuwächse bei den Übernachtungszahlen verbuchen.

Städtetourismus boomt
Besonders die Städte haben im vergangenen Jahr bei den Übernachtungen wieder kräftig zugelegt. Entsprechend führen die drei Stadtstaaten Bremen (+10,6%), Berlin (+10,2%) und Hamburg (+9,2%) die Liste der Zugewinne bei den einzelnen Bundesländern mit Abstand an. Diese Entwicklung entspricht einem Trend, der sich europaweit abzeichnet: Städtereisen sind „in“ (deutsche Großstädte: plus 23 Prozent, Klein- und Mittelstädte: plus zwölf Prozent im Vergleich von 2009 zu 2004). Aber auch der Urlaub am Wasser liegt voll im Trend (an der Küste +9%, an Seen +14% im Vergleich von 2004 zu 2009). Mittel- und Hochgebirgsregionen hingegen haben in Deutschland (im gleichen Zeitraum) mit einem Minus von einem bzw. zwei Prozent an Beliebtheit leicht eingebüßt.

Umsätze hinken hinterher
Trotz einem Plus von 1,1 Prozent im Beherbergungsgewerbe, blieben die Umsätze im Gastgewerbe mit einem Rückgang von insgesamt 0,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr hinter den Erwartungen zurück. Die Gastronomie musste ein Minus von 1,6 Prozent bei den Umsätzen verzeichnen. Nach wie vor prägt die Preissensibilität der Gäste das Ausgabeverhalten im Gastgewerbe.
Deutschland: Ein Reiseland mit gutem Preis-Leistungs-VerhältnisDeutschland liegt beim europäischen Ranking der Hotelzimmerpreise im Mittelfeld. Auch eine bundesweite Gästebefragung im Rahmen des Qualitätsmonitors Deutschland weist die gute Ausgangslage des Reiselandes Deutschland nach: Die Gästezufriedenheit und das gebotene Preis-Leistungs-Verhältnis werden von in- und ausländischen Gästen als sehr gut bis gut bewertet. Dies, betonte DTV-Präsident Meyer, sei ein wichtiger Wegweiser in die Zukunft: So planen 89 Prozent der deutschen und 61 Prozent der ausländischen Gäste in den kommenden zwei bis drei Jahren einen weiteren Urlaub in Deutschland.

 

Deutschland ist neuer Tourismus-Vizeweltmeister
Die Spitze der weltweiten Tourismusindustrie ist nur noch zum Teil deutschsprachig: Das Urlaubsland Österreich rutscht im Vergleich zu 2008 im „Travel & Tourism Competitiveness Report 2011“ zwei Plätze auf Rang vier ab.

 Travel & Tourism Competitiveness Index - Vergleich 2011 2009 und 2008
Travel & Tourism Competitiveness Index - Vergleich 2011 2009 und 2008

Deutschland hingegen arbeitet sich innerhalb des Spitzentrios weiter nach vorne und positioniert sich nun nach dem Tourismusweltmeister Schweiz auf Rang zwei. Auch Frankreich ist einer der Gewinner der Langzeit-Studie. Belegte das westeuropäische Land 2008 noch Rang zehn, nimmt es inzwischen Rang drei im internationalen Vergleich ein.

Bereits zum vierten Mal erstellte das World Economic Forum in Partnerschaft mit der internationalen Strategieberatung Booz & Company gemeinsam die globale Tourismusstudie. Das daraus resultierende Ranking der 139 untersuchten Staaten präsentierten sie heute im unmittelbaren Vorfeld der ITB.

Im Fokus der Analyse stehen die Rahmenbedingungen der jeweiligen Reiseindustrien in den Bereichen Sicherheit und Gesundheit, Infrastruktur, Preisniveau, kulturelles Angebot, Umweltschutz sowie gesetzliche Regulierung. Deutschland profitierte bei der Bewertung von langfristigen und kontinuierlichen Investitionen in nachhaltige Tourismuskonzepte und Umweltschutzinitiativen. Vor allem kulturelle und landschaftliche Ressourcen wie das Wattenmeer, das seit 2009 UNESCO Naturerbestätte ist, sind ein wichtiges Asset für die Reisedestination Deutschland. Überflieger Frankreich setzt seit 2008 auf eine neu formulierte nationale Tourismusstrategie, die neue Besuchersegmente,  beispielsweise aus dem Mittleren Osten und Asien, anziehen soll. Dafür wurde in Hotelmodernisierungen, die Überarbeitung der Hotelklassifizierungen und in internationale Marketingaktivitäten investiert. Um die Folgen der Wirtschaftskrise abzufedern, unterstützt der französische Staat die Reiseindustrie zudem durch eine drastische Senkung der Mehrwertsteuer für Tourismusdienstleistungen.

Generell bleibt der durchschnittliche Gesamtscore zu den touristischen Rahmenbedingungen in den untersuchten Reisedestinationen gegenüber 2008 weitgehend stabil. „Für die etablierten Reiseziele ist eine Bewahrung des Status quo mit Sicherheit keine zukunftsfähige Strategie, um sich gegen neue, aufstrebende Urlaubsregionen aus Osteuropa, dem Mittleren Osten oder aus Asien zu behaupten. Für diese dynamischen  Regionen haben wir in der Studie deutlich überdurchschnittliche strukturelle Verbesserungen festgestellt“, sagt Jürgen Ringbeck, Senior Partner und Tourismusexperte bei Booz & Company. Wachstumsmarkt AsienInsgesamt verschiebt sich die Dynamik im Tourismussektor weg von den etablierten Regionen wie Europa und Nordamerika Richtung Osten. Im asiatisch-pazifischen Raum nahmen die internationalen Touristenankünfte von 2000 bis 2010 etwa doppelt so schnell zu (85%) wie im weltweiten Schnitt (39%). China, laut UNWTO in 2010 bereits das am drittmeisten besuchte Land gemessen an internationalen Touristenankünften, ist für diese Entwicklung ein entscheidender Wachstumstreiber. Die Ergebnisse der aktuellen Studie „Travel & Tourism Competitiveness Report 2011“ spiegeln diese überdurchschnittliche Dynamik wider: Die Volksrepublik machte in den vergangenen vier Jahren 23 Plätze gut und liegt nun bereits auf Rang 39. Das Land profitiert erheblich von den strategischen Investitionen in die Infrastruktur und die Tourismusindustrie – nicht zuletzt für die Expo 2010 in Shanghai sowie für die Olympischen Spiele in Peking 2008. Allerdings bringen das rasante Wirtschaftswachstum im bevölkerungsreichsten Land der Erde und natürlich die Folgen des Tourismusbooms auch ökologische Probleme mit sich. „Das schiere Wachstum steht hier häufig im Vordergrund der Strukturpolitik. Umweltschutz und sanfte Tourismuskonzepte haben meist noch das Nachsehen. Beim Thema Nachhaltigkeit weisen viele Regionen erheblichen Aufholbedarf auf“, so Ringbeck. Golfstaaten überholen nordafrikanische Touristenhochburgen

Die Indexentwicklung zeigt deutlich: Traditionelle nordafrikanische Destinationen wie Tunesien und Ägypten fallen im Ranking zurück, da ihre Entwicklung stagniert und sie von aufstrebenden Ländern überholt werden.
So liegt Ägypten derzeit auf Platz 75, hat aber über die letzten vier Jahre bereits sieben Plätze verloren. Tunesien nimmt aktuell Rang 47 ein. Das Königreich Bahrein (2011: Rang 40) hingegen konnte seit 2008 acht Plätze gut machen. Und Oman legt sogar 15 Plätze (2011: Rang 61) zu. Die aktuellen politischen Unruhen in vielen nordafrikanischen bzw. arabischen Ländern können die Gesamtsituation zumindest kurzfristig negativ beeinflussen. So wurde beispielsweise ein touristisches Großereignis, das für März in Bahrein geplante Formel 1-Rennen, abgesagt. „Kommt es allerdings zu einer politischen Stabilisierung, verbunden mit einer weiteren Marktöffnung, könnte sich das positiv und nachhaltig auf die Wettbewerbsfähigkeit der jeweiligen Staaten auswirken“, so das Fazit von Ringbeck. Europäische Gewinner und VerliererDabei ist Europa noch immer stark in den Top 10 vertreten. Allein sieben europäische Destinationen können einen Platz in der Spitzengruppe behaupten. Deutlich auf der Verliererseite der europäischen Tourismusnationen stehen allerdings Griechenland und Portugal. Die Ergebnisse für die beliebten Urlaubsländer spiegeln in erheblichem Maße die Folgen der Wirtschafts- und Verschuldungskrise wider, von der beide Destinationen besonders betroffen sind. Griechenland setzen beispielsweise die Auswirkungen von Generalstreiks auf den Flugverkehr und damit auf das Gastgewerbe zu. Portugal büßt vor allem aufgrund fehlender Mittel für dringend nötige Infrastruktur-Investitionen im Vergleich zu 2008 drei Plätze ein und belegt damit nur noch Rang 18.

Griechenland findet sich nach Rang 22 (2008) in der aktuellen Liste nur auf Platz 29 wieder. Ein echter Gewinner der diesjährigen Studie ist Montenegro. Der Balkanstaat verankert Umweltschutz sogar in der Verfassung, setzt auf nachhaltige Hotelentwicklung und etabliert seine Bergregionen als beliebte Wander- und Skiziele. Die bewusste Entscheidung gegen einen Massentourismus, wie ihn beispielsweise Spanien in den 80er Jahren vorangetrieben hat, ermöglicht der Destination einen Sprung von Platz 59 im Jahr 2008 auf Rang 36 in der aktuellen Studie. Insgesamt wurden weltweit 139 Staaten unter Zuhilfenahme von mehr als 60 Variablen untersucht. Diese berücksichtigten u.a. gesetzliche Regulierungen, Sicherheit und Gesundheit, Infrastruktur, das lokale Preisniveau sowie kulturelle Aspekte. Außerdem wurden die Faktoren Umweltschutz und Reiseverkehr untersucht. Der komplette Report sowie die einzelnen Auswertungen steht unter www.weforum.org zum Download zur Verfügung.

Deutsche Reiseindustrie setzt weiter auf Nahen und Mittleren Osten – zurück zur Normalität bereits in diesem Jahr
Ungeachtet der politischen und gesellschaftlichen Veränderungen im Nahen und Mittleren Osten: Die deutsche Reiseindustrie setzt auch weiterhin auf die klassischen Urlaubsländer wie Ägypten und Tunesien und glaubt an die Zukunft dieser Region als attraktive Urlaubsziele. Noch in diesem Jahr – so die Einschätzung von Entscheidern der deutschen Reiseindustrie – wird der Tourismus in diesen Ländern wieder in gewohnte Bahnen zurückkehren. Bei einer Erhebung unter Entscheidern der deutschen Reiseindustrie waren sich 58 Prozent aller Befragten bei der im Auftrag des Travel Industry Club von dem auf die Touristik spezialisierten Marktforschungs- und Beratungsunternehmen Trendscope erhobenen Umfrage darin einig, dass sich die Reiseströme nach Arabien und den Norden Afrikas auch nach den politischen Veränderungen nicht grundlegend verschieben werden. 42 Prozent der Befragten sind dagegen der Meinung, dass die politische Neuordnung durchaus Einfluss auf den Tourismus in diese Region haben wird.

Ähnlich gespalten ist die Meinung der Manager im Hinblick auf die Reiseindustrie in den von den politischen Umwälzungen betroffenen Ländern. Während 52 Prozent der Mitte Februar 2011 befragten Entscheider der Meinung sind, dass alles beim alten bleiben wird, gehen 48 Prozent der Befragten davon aus, dass sich die Reiseindustrie in Ländern wie Ägypten und Tunesien aufgrund der neuen politischen Konstellation verändern wird. Zur Normalität wird der Tourismus in Ägypten und Tunesien bereits im Laufe dieses Jahres zurückkehren. Von den insgesamt 257 befragten Managern sind 42 Prozent der Ansicht, dass der Tourismus zur Wintersaison 2011/2012 wieder in gewohnten Dimensionen abläuft. 36 Prozent der Befragten gehen sogar davon aus, dass der Tourismus in diesen Ländern bereits in diesem Sommer zur Normalität zurückkehren wird. Nur 22 Prozent der Befragten sind weniger optimistisch und meinen, dass sich die Situation erst später beruhigen wird.