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Schwarzfahren in Deutschland: Höheres Bußgeld von 60 Euro soll abschrecken – 253.000 Straftaten allein im Jahr 2012

Nur rund 15 Mio. Euro Bußgeld-Einnahmen bei 250 Mio. Euro Verlust an Ticketgebühren – Doch: Viele Städte bieten Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) auch zu teuer an

(Leipzig, 29. Mai 2014) Allein im Jahr 2012 beliefen sich die Verluste an Ticketgebühren durch Schwarzfahrer bei den öffentlichen Verkehrsbetrieben und Taxi-Unternehmen auf rund 250 Millionen Euro. Über eine Viertelmillion Delikte (253.312) wurden angezeigt. Diese alarmierenden Zahlen rufen nun die Politik auf den Plan. Das Bußgeld für erwischte Schwarzfahrer soll von bislang 40 Euro auf 60 erhöht werden. Laut Großer Koalition würden die 40 Euro nicht einmal die Kosten für die Kontrolleure decken. Auf Basis der mehr als 250.000 angezeigten Delikte wären aber auch nur rund 15 Millionen Euro Bußgeld-Einnahmen die Folge. Dies ergibt eine Übersicht, die von reisen.de zusammen gestellt wurde.

Schwarzfahren 1

In welchem Ausmaß das Schwarzfahren in Deutschland praktiziert wird, dem ging das Reisebuchungsportal in einer großen Studie bereits im Jahr 2013 in 80 der größten deutschen Städte nach. Fest steht: Zu den deutschen Schwarzfahr-Hochburgen gehört zum Beispiel Dortmund (Datenstand: 2012). Hier ertappten die Kontrolleure insgesamt 10.203 Schwarzfahrer. Das entspricht 1.756 Delikten je 100.000 Einwohner. Platz zwei geht an Frankfurt am Main. In der Mainmetropole gelangten insgesamt 10.656 Delikte zur Anzeige (1.541 Schwarzfahrten je 100.000 Einwohner). Platz drei belegt Karlsruhe mit einer Quote von 1.458 Delikten je 100.000 EW (absolut: 4.337).

Besonders häufig finden Kontrolleure Schwarzfahrer auch in Rostock (absolut 2.873, 1.458 Delikte je 100.000 EW), Erfurt (absolut 2.789, 1.351 je 100.000 EW), Essen (7.630, 1.331 je 100.000 EW), Neuss (absolut 2.020,1.329 je 100.000 EW), Mülheim an der Ruhr (2.176, 1.302 je 100.000 EW), Düsseldorf (7.405, 1.250 je 100.000 EW), Stuttgart (7.615, 1.241 je 100.000 EW), Hannover (6.374, 1.212 je 100.000 EW), Offenbach am Main (1.323, 1.078 je 100.000 EW), Köln (10.934, 1.075 je 100.000 EW), Magdeburg (2.468, 1.062 je 100.000 EW), Freiburg im Breisgau (2.383, 1.040 je 100.000 EW), Chemnitz (2.433, 1.001 je 100.000 EW), Dresden (5.195, 981 je 100.000 EW), Leipzig (5.158, 970 je 100.000 EW), Mannheim (3.008, 955 je 100.000 EW), Duisburg (4.475, 917 je 100.000 EW), Bremen (4.535, 827 je 100.000 EW), Halle an der Saale (1.817, 777 je 100.000 EW), Paderborn (1.116, 756 je 100.000 EW) und Heidelberg (1.120; 748 je 100.000 EW).

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Doch: Nicht jeder, der ohne gültiges Ticket fährt, tut dies aus Spaß. Vielmehr leiden auch in Deutschland Millionen Menschen unter Armut und können sich häufig schlicht den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) nicht mehr leisten. So kam das Portal ab-in-den-urlaub.de beispielsweise in einer umfangreichen Studie, in welcher die Ticketpreise des ÖPNV in 130 deutschen Städten untersucht wurden, bereits Ende 2011 zu folgendem Ergebnis: 19 Prozent der Städte bieten ihre Fahrtickets für Busse und Bahnen im Verhältnis zum örtlichen Einkommen und zur Strecken-Abdeckung zu teuer an.

Reisen.de stellt zudem fest, dass sich statistisch betrachtet die ehrlichsten ÖPNV- und Taxi-Fahrer in Städten wie Moers (absolut 58, 55 je 100.000 EW), Erlangen (absolut 75, 71 je 100.000 EW) oder Bremerhaven (86, 76 je 100.000 EW) befinden.

Insgesamt zählten die Behörden 170.000 Schwarzfahrten allein in den 80 größten Städten. Deutschlandweit waren es insgesamt 253.312 Delikte. Das sind über 10.000 Delikte (4 Prozent) mehr als im Jahr 2011 (243.012 Delikte) und fast 34.000 mehr als 2009.

Nach Recherchen von reisen.de schwankt die Aufklärungsquote in Deutschland je nach Stadt und Region im einstelligen Prozentbereich. Dies bedeutet, dass rund 95% der Schwarzfahrten nicht zu Anzeige kommen und Millionen von Passagieren “für lau” von öffentlichen Verkehrsmitteln transportiert werden. Experten schätzen, dass durch das Schwarzfahren Einnahmeverluste von rund 250 Mio. Euro im Jahr entstehen. Setzt man die 60 Euro als Bußgeld für jedes der über 253.000 Delikte an, so fließen den Unternehmen aber auch nur rund 15 Mio. Euro in die Kassen. Für die Reisen.de-Experten nur ein “Tropfen auf den heißen Stein”.

*Schwarzfahr-Hochburgen: Hier werden im Vergleich zu den Einwohnern mehr Schwarzfahrer erwischt als in anderen Städten oder Bundesländern.

Hintergrund
Die bei der Polizei zur Anzeige gebrachten Delikte (Schwarzfahren ist ein Kontrolldelikt) speisen sich aus ermittelten Schwarzfahrten im städtischen, regionalen, kommunalen und/ oder privaten ÖPNV, der Deutschen Bahn, öffentlichen oder privat betriebenen Regionalbahnen, Busunternehmen und Taxi-Unternehmen. Statistische Differenzen bei der Anzahl der Delikte pro Stadt oder Bundesland liegen sog. Überhangdelikte zugrunde.