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Raubüberfälle auf Hotels nehmen zu – Was wird aus den betroffenen Hotelmitarbeitern? Psychotrauma ernst nehmen – Betreuung der Opfer wichtig

Raubüberfälle auf Hotels nehmen zu - Was wird aus den betroffenen Hotelmitarbeitern? Psychotrauma ernst nehmen - Betreuung der Opfer wichtig

Raubüberfälle auf Hotels nehmen zu - Was wird aus den betroffenen Hotelmitarbeitern? Psychotrauma ernst nehmen - Betreuung der Opfer wichtig (Berlin, 05. November 2014) Trauma nach Bedrohung mit Pistole: Immer öfter werden Hotelmitarbeiter Opfer von Raubüberfällen. In Berlin kam es in den vergangenen Tagen gleich zu zwei schweren Fällen. Jeweils kam ein Mann und bedrohte Hotelangestellte mit einer Feuerwaffe. Oft benötigen die betroffenen Mitarbeiter danach Hilfe. “Extrem belastende Ereignisse, die nicht selten zu einer psychischen Verletzung/Beeinträchtigung bis hin zur manifesten psychischen Erkrankung führen, auch ohne dass Betroffene eine körperliche Verletzung erlitten haben. Ausfallzeiten im Betrieb, mit häufig erheblichen Kosten für das Unternehmen, können dann die Folge sein”, geben die Berufsgenossenschaften Rat.

Hotels gelten als besonders unsicher, weiß der auf Hotelsicherheit spezialisierte TV-Experte Ulrich Jander (www.hotelchecker.tv) zu berichten. Bargeld sei and er Rezeption meist vorhanden, werde nicht in Tresore mit Zeitschließautomatik weggesperrt. Zudem würde viele Hoteleingänge und Rezeption nicht von Videokameras überwacht. Dies lade Gangster geradezu ein, so Jander. Und tatsächlich: Es vergehen kaum Wochen ohne neue Raubüberfälle auf Hotels. Zuletzt schlugen vermummte Täter zweimal in Berlin und in Rüsselsheim zu. Sie bedrohten die Hotelmitarbeiter mit Pistolen und konnten mit ihrer Geldbeute unerkannt erbeuten.

Nach Raubüberfällen kann es zu Psychotraumata kommen, auch wenn der betroffene Mitarbeiter körperlich nicht zu Schaden kam. Dann ist eine umfassende Betreuung wichtig, raten die Berufsgenossenschaften:

Psychische Verletzungen bedürfen, wie körperliche Wunden, besonderer Hilfe zur Heilung und dies möglichst rasch nach dem Gewaltereignis, um der Entstehung von psychischen Erkrankungen mit Langzeitfolgen entgegen zu wirken und die natürlichen Selbstheilungskräfte eines jeden Menschen zu unterstützen. Wichtig ist daher eine schnelle Betreuung nach dem Raubüberfall.

Opfer von Überfällen bedürfen besonderer Betreuung auch am Arbeitsplatz (Foto: Weisser Ring)
Opfer von Überfällen bedürfen besonderer Betreuung auch am Arbeitsplatz (Foto: Weisser Ring)

Erstbetreuung vor Ort
Wichtig ist, dass die innerbetriebliche Meldekette, die zeitnahe Benachrichtigung des Vorgesetzten/Inhabers oder eines benannten innerbetrieblichen Erstbetreuers, geregelt ist.

Hilfreich für die Betroffenen ist die Erstbetreuung durch eine geeignete Kollegin oder einen geeigneten Kollegen vor Ort im Betrieb (innerbetrieblicher Erstbetreuer). Insbesondere in der ersten Zeit nach einem Überfallereignis benötigen die Betroffenen Sicherheit und Unterstützung, um Abstand zu gewinnen und ihre innere Stabilität wiederzufinden. Diese Unterstützung zu geben ist Aufgabe des innerbetrieblichen Erstbetreuers. Als vertrauenswürdige und stabile Persönlichkeit verfügt sie/er über die notwendigen Kompetenzen, um der betroffenen Person unmittelbar nach dem Überfallereignis das notwendige Sicherheitsgefühl zu geben. Gegebenenfalls können auch Vorgesetzte für diese Aufgabe sensibilisiert werden.

Die Aufgaben des innerbetrieblichen Erstbetreuers sind:

  • betroffene Personen vom Tatort wegbringen
  • zum Arzt begleiten (ohne körperliche Verletzungen, aber mit psychischer Beeinträchtigung zum Arzt des Vertrauens, wenn auch körperliche Verletzungen vorliegen zum Durchgangsarzt)
  • zur Polizei begleiten
  • nach Hause bzw. in eine aus der Sicht der betroffenen Person sichere Umgebung begleiten
  • Familienangehörige der betroffenen Person informieren
  • Ansprechpartner im Betrieb und zu Hause sein
  • Vorgesetzte informieren
  • bei Formalitäten unterstützen

Über diese Maßnahmen hinaus kann es erforderlich werden, vertrauensfördernde Maßnahmen (z. B. zeitweiser Arbeitsplatzwechsel oder Einsatz nicht in den dunklen Abendstunden oder allein) durchzuführen, wenn die Mitarbeiter an ihren Arbeitsplatz zurückkehren.


 

Über Psychotraumata

PsychotraumaEin Psychotrauma kann durch ein Ereignis oder eine Situation mit einer außergewöhnlichen Bedrohung oder einem katastrophenartigen Ausmaß ausgelöst werden. Die Betroffenen erleben eine Konfrontation mit tatsächlichem oder drohendem Tod, schwerwiegenden Verletzungen oder sonstigen Gefahren für die Unversehrtheit der eigenen Person oder anderer Personen. Charakteristisch ist das Erleben von starker Angst, Bedrohtsein, Hilflosigkeit und Entsetzen.

Während und unmittelbar nach einem plötzlichen und unerwarteten traumatischen Ereignis zeigen sich Betroffene in der Schockphase aufgeregt, verwirrt, betäubt, wütend, traurig und/oder orientierungslos. Andere organisieren, handeln und regeln. Wiederum andere wirken äußerlich ruhig und gefasst. Insgesamt ist die Reaktionsbreite nach einem Gewaltereignis sehr unterschiedlich und individuell. Letztlich handelt es sich um eine normale Reaktion des Menschen auf ein nicht normales Ereignis.

Nicht nur potenziell traumatisierende Ereignisse wie Naturkatastrophen oder Großschadensereignisse stellen eine Gefährdung dar. Es gibt auch die schwerwiegenden Ereignisse mitten im Arbeitsalltag, die nur von wenigen erlebt und durchlitten werden, aber für die direkt Betroffenen und unmittelbaren Zeugen eine echte Katastrophe sind, z. B.:
der Raubüberfall
ein tödlicher Unfall eines Kollegen.

Folgen für das Unternehmen
Seelische Verletzungen, beispielweise durch Angriffe Dritter können an verschiedensten Arbeitsplätzen als arbeitsbedingte Gesundheitsgefahr auftreten. Auch wenn jeder Mensch von Natur aus in der Lage ist, extrem belastende und außergewöhnliche Ereignisse und Traumata grundsätzlich zu überstehen und zu verarbeiten, sind solche Geschehen generell ernst zu nehmen. Bei nicht ausreichender Verarbeitung des Erlebten kann sich hieraus bei den Betroffenen ein (schweres) Krankheitsbild mit direkten nachteiligen wirtschaftlichen Folgen für das Unternehmen einstellen.

Aus Gründen der Fürsorge, des Arbeitsschutzes und wirtschaftlichen Überlegungen ergibt sich für Unternehmen mit solchen Gefährdungen zwangsläufig die Notwendigkeit, sich durch organisatorische Maßnahmen auf Fälle psychischer Traumatisierung einzustellen. Langanhaltende gesundheitliche Beeinträchtigungen der Beschäftigten und wirtschaftliche Schäden im Unternehmen, beispielsweise durch Produktivitätsverlust, Personalfluktuation und damit verbundenem know how-Verlust, gilt es zu vermeiden.

Konkrete Folgen können sein:

  • lange Arbeitsunfähigkeitszeiten
  • Schwierigkeiten bei der Wiederaufnahme der Tätigkeit
  • Vermeidungsverhalten gegenüber bestimmten (Teil-)Tätigkeiten
  • Berufs-, Tätigkeitsaufgabe, Berufsunfähigkeit
  • Rückzugsverhalten gegenüber Kollegen
  • Verhaltensauffälligkeiten (beispielsweise Suchtgefährdung)

Es gibt kein Patentrezept gegen diese Folgen eines Psychotraumas, aber so etwas wie eine Leitlinie: Eine eng an der Arbeitspraxis orientierte Präventionsarbeit in den Betrieben kann die Erkrankungswahrscheinlichkeit deutlich senken.