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Hygiene im Hotel: Deutsche Mittelklassehäuser sind besser als ihr Ruf

Bönnigheim, 26. September 2007
Mit Aufmachern wie “Pilzsaison im Hochsommer” (RTL Extra am 18.8.07) oder “Schwere Mängel in deutschen Mittelklassehäusern” (DasErste, Plusminus am 10.7.07) überschrieben deutsche Fernsehsender auch in diesem Jahr wieder pünktlich zur Ferienzeit ihre Hoteltests. In zum Teil reißerischem Stil wurden u. a. die Hygienebedingungen in Hotelzimmern kritisiert und vor Gesundheitsgefahren zum Beispiel durch Dermatophyten (Hautpilze) gewarnt. Im Fokus der Betrachtung befand sich dabei einmal mehr die textile Einrichtung wie Bettwäsche und Teppichböden. Fachleute wie Dr. Klaus-Dieter Zastrow, Direktor des Instituts für Hygiene und Umweltmedizin an den Vivantes-Kliniken in Berlin, bezweifeln jedoch die Aussagekraft solch sporadischer Untersuchungen: “Um wissenschaftlich fundierte Aussagen zur Hygiene treffen zu können, muss sowohl die Probennahme sowie deren qualitative und quantitative Beurteilung strengen Anforderungen gerecht werden.”

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Vor diesem Hintergrund hat die Gütegemeinschaft sachgemäße Wäschepflege e.V. den international renommierten Hohensteiner Instituten in Bönnigheim den Auftrag erteilt, die Oberflächenkontamination in 14 Mittelklasse- Hotels mit zwei bis vier Sternen in Deutschland mikrobiologisch zu untersuchen – und dies auf wissenschaftlich fundierte Art und Weise (siehe Untersuchungsmethoden und kriterien). Die Probennahme in weiteren Hotels soll in den kommenden Monaten fortgeführt werden, um die Ergebnisse zu validieren.
Der Leiter der Untersuchung, Mikrobiologe Dr. Helmut Mucha, erkennt in einer orientierenden Bewertung der ersten Ergebnisse keine konkreten gesundheitlichen Gefahren: “Bei den nachgewiesenen Mikroorganismen handelt es sich überwiegend um unbedenkliche Umwelt- bzw. Hautkeime, deren Virulenz als gering eingestuft werden kann. Gesundheitliche Bedenken muss man allenfalls haben, wenn sie in großer Zahl über den Mund aufgenommen werden oder direkt in die Blutbahn bzw. direkt in die Epidermis der Haut gelangen. Genau das ist aber beim zumeist kurzzeitigen Aufenthalt im Hotel überaus unwahrscheinlich.”
Von einer ernsthaften gesundheitlichen Gefährdung kann damit keine Rede sein – Verbesserungspotential sieht der Mikrobiologe aber dennoch: “Die Erreger von Fußpilz (Trichophyton spec.) konnten immerhin in den Proben von sechs Hotels nachgewiesen werden und das insbesondere auf dem Boden um das Bett und vor dem Waschbecken sowie in der Duschwanne innen. Deswegen empfiehlt es sich, soweit möglich beim Aufenthalt im Hotel Hausoder Badeschuhe zu tragen.”
In zwei Hotels wurden Hefen (Candida spec.) auf dem Boden vor dem Waschbecken bzw. dem Boden neben dem Bett gefunden. Auch dies kein gesundheitlich bedenklicher Befund, da eine Infektion, die z. B. eine Vaginalmykose verursachen könnte, aufgrund des Fundortes ausgeschlossen werden kann. Appetitlich ist das Untersuchungsergebnis aus Sicht der Hotelgäste aber sicherlich auch in diesem Punkt nicht.
Für einen gesunden Menschen stellen auch Hautkeime und Eitererreger (koagulasenegative Staphylokokken, Mikrokokken, Pseudomonas spec.) kein gesundheitliches Risiko dar. Von diesen fand sich in jedem der untersuchten Hotels zumindest eine Probe, die mit mehr als 400 KBE/dm2 (kolonienbildende Einheiten pro 100 cm2) belastet waren. Hauptsächlich betroffen waren auch hier der Boden neben dem Bett und vor dem Waschbecken sowie die Duschwanne innen. Bei Wunden an den Füssen könnten sich insbesondere bei Personen mit geschwächtem Immunsystem hieraus Probleme geben. Durch das Tragen von Haus- bzw. Badeschuhen lassen sich aber auch diese vermeiden.
Beim Nachweis von Hautkeimen und Eitererregern auf den Bettlaken zeigte sich eine große Bandbreite. In drei Hotels konnten diese praktisch nicht nachgewiesen werden (4 bzw. 8 KBE/dm2), in sechs Hotels lag der Wert in verschiedenen Kombinationen bei 68-288 KBE/dm2 und bei fünf Hotels wurde die technisch nachweisbare Höchstgrenze von 400 KBE/dm2 erreicht. Für Dr. Mucha sind die absoluten Zahlen aber auch hier nur bedingt aussagekräftig: “Es gibt keine verbindliche Richtlinie dafür, welche Keimbelastung für Bereiche in einem öffentlichen Bereich wie einem Hotel bedenklich sein könnte. Tatsache ist, dass wir bei vergleichbaren Untersuchungen in Privathaushalten in der Vergangenheit ähnliche Werte ermittelt haben. Da wir keine obligat pathogenen Bakterienspezies gefunden haben, sind die Ergebnisse meines Erachtes nach insgesamt nicht Besorgnis erregend.”
Gleichwohl sieht er in Sachen Hygiene im Hotelzimmer Handlungsbedarf. So betont er in seinem Abschlussbericht, dass die erhöhten Bakterienwerte auf der frisch aufgezogenen Bettwäsche nicht ursächlich als Hinweis auf deren mangelhafte Aufbereitung anzusehen ist: ” In der Regel ist die Hygienequalität nach der Wäsche bei der Anlieferung durch die gewerbliche Wäscherei einwandfrei. Kontaminationen durch die Hände des Hauspersonals sind aber leider in zahlreichen Hotels aufgrund eines fehlenden Hygienemanagements an der Tagesordnung.”
Die Aufbereitung der Hotelwäsche in gewerblichen Wäschereien ist dagegen insbesondere in Betrieben, die das RAL-Gütezeichen 992 für sachgemäße Wäschepflege (www.waeschereien.de) führen dürfen, hohen hygienischen Anforderungen unterworfen. Im Rahmen dieses Qualitätssicherungssystems sind strenge Grenzwerte für die Keimbelastung auf der auszuliefernder Wäsche definiert und diese werden regelmäßig überwacht. Die Lagerung und Handhabung innerhalb des Hotels unterliegt dagegen bisher allenfalls internen Vorgaben der Hotelbetreiber.
Als Reaktion auf die Untersuchungsergebnisse arbeitet die Gütegemeinschaft sachgemäße Wäschepflege e.V. zusammen mit den Spezialisten der Hohensteiner Institute und Dr. Zastrow als einem der führenden Hygieniker im Lande an einem Hygieneplan für Hotels. In Verbindung damit soll über die rund 350 in der Gütegemeinschaft organisierten Wäschereien ein Gütesiegel für Textilhygiene im Hotel verliehen werden. Der Gast eines Hotels hätte damit erstmals die Möglichkeit, den Aspekt Hygiene in seine Entscheidung für ein Hotel einfließen zu lassen. Dr. Zastrow betont den praxisnahen Ansatz des Hygienekonzeptes: “Bereits durch geringfügige Veränderung der Abläufe lassen sich im Bereich der Hygiene im Hotelzimmer signifikante Verbesserungen erreichen. Wir denken an ein mehrstufiges Modell, bei dem das Hotel selbst entscheiden kann, welche Bereiche wie Boden oder glatte Oberflächen aufbauend auf die Textilhygiene ggf. eingebunden werden sollen.”

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