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Flüchtlingshotel – das neue Geschäftssegment

Ramada Hotel Frankfurt/Oder: Kein Heim für Flüchtlinge mehr (Foto: H-Hotels)

Von Carsten Hennig, Chefredakteur von gastronomie & hotellerie

Da also war die Meldung, vor der sich viele fürchten: Flüchtlinge checken ins Vier-Sterne-Hotel ein. So geschehen im Ramada Hotel in Frankfurt/Oder. Das gesamte Haus wurde für eine nicht öffentliche Übernachtungs- und Verpflegungpauschale je F-Gast (“Refugees are very welcome”) angemietet. Für Facebook-Hasskommentatoren aus der breiten Masse der überforderten Bevölkerungsteile ein gefundendes Fressen. Die “Junge Freiheit”, nicht gerade als intellektuell-freidenkende Zeitung gerühmt, titelte flugs: “Asylbewerber beziehen Nobel-Hotel”. Die entsprechenden Online-Kommentare sprechen Bände. Bislang galten allemal notleidende, heruntergekommene Herbergen als relevante Hotelreste für die Unterbringung der neuen Gäste. Doch die blanke Not der Behörden, winterfeste Dächer und Wände für die Teilnehmer der neuen Völkerwanderung zu finden, treibt sie eben auch zu ungewöhnlichen Maßnahmen.

Ramada Hotel Frankfurt an der Oder: Jetzt ausgebucht mit Flüchtlingen
Ramada Hotel Frankfurt an der Oder: Jetzt ausgebucht mit Flüchtlingen
In Hannover wurde bereits ein – ehemaliges – Tophotel, auch von der H-Hotels-Gruppe als sog. F-Hotel reaktiviert. Das frühere Ramada Hotel Britannia, Ende vergangenen Jahres zunächst geschlossen, ist nun quasi wieder ausgebucht. Ob die Unterbringung der asyl- und jobsuchenden Deutschland-Fans ein nachhaltiges Geschäftsmodell ist, darf weiterhin bezweifelt werden. Jedoch: Ein wirtschaftlich willkommenes Marktsegment ist dies zweifellos – bei Tagesraten von bis zu 75 Euro pro Gast für Cost & Logis lässt sich doch Gewinn machen, zumal hundert Prozent garantierte Auslastung über Monate hinweg die Augen mancher Revenue Manager und Hoteliers zum Glänzen bringen würden. Notabene: Würden diese Revpar-Daten in die jeweiligen Fairmas-Statistiken einfließen, wären B- und C-Destinationen gar plötzlich im Hotspot von Hotelinvestoren.

Deutsche Gründlichkeit sei gut, nun will Kanzlerin Merkel die urdeutsche Attitüde flexibler haben. “So sollen die Standards für die ärztliche Betreuung und die Brandschutz- und Energiesparvorschriften für Flüchtlingsunterkünfte außer Kraft gesetzt werden, um mehr Herbergsplätze zu schaffen”, wird die eiserne Europäerin von ihrer Sommer-Pressekonferenz zitiert. Indes, wie vorbeugender Brandschutz gerade in übervollen Flüchtlingsherbergen aufgeweicht werden soll, bleibt mehr als fraglich. Die Fluchtwege in umgewidmeten, zwangsrekrutierten Ex-Bankhäusern oder heruntergekommenen Hotels, die nun als neues Marktsegment der “Special Serviced Apartments” platziert werden, sind zuweilen ohnehin schon potentiell tödlich. Das passt auch nicht zusammen: Gleichzeitig werden immer bestehende Hotels von besorgten Behördenvertretern zwangsgeschlossen, das die Basis-Brandschutzmaßnahmen oft derart mangelhaft sind und sich nicht mehr retten lassen.

Marktexperten weisen zu Recht darauf hin, ob Behördenvertreter hinsichtlich ihrer Amtsträgerhaftung “flexibel” sein werden. Wird ein ehemaliger Baumarkt – wie im sächsischen Heidenau – über Nacht zum Heim tituliert und Schlafnischen per Trenn-Vorhänge geschaffen – das machte zwar Conrad Hilton einst in seinem ersten Hotel in Texas in der Eingangshalle zwar auch so, aber da war Brandschutz bei permanent rauchenden Ölarbeitern ohnehin nicht gefragt – darf man sich schon fragen, wie hunderte Menschen bei einem plötzlich auftretenden Feuer durch die paar Ausgänge strömen wollen. Die meisten Verletzungen bei Bränden entstehen bekanntlich bei panikartigen Fluchten; geordnete Evakuierungen ist bei hellaufgeregten Eltern, die einfach nur das Leben ihrer Kinder retten wollen, nicht unbedingt zu erwarten.

Was passiere eigentlich, wenn es bei einem Brand in einem sog. F-Hotel Verletzte oder gar Tote gäbe, fragt ein Brandschutzexperte. Zuständige Behörden-Mitarbeiter, per Dienstanweisung zur “Flexibilität” verdonnert, können sich da nur wegducken. Hotelzimmer, die nun fünf bis sechs Gäste statt früher nur einen bis maximal zwei beherbergen, stellen für Feuerwehren und Rettungskräfte ganz andere, große Herausforderungen dar. Eine Drehleiter pro brennendem Hotel würden bei einer Evakuierung einfach nicht mehr ausreichen…

Die Hotellerie in Deutschland hofft allerdings aus ganz anderen Gründen auf Flüchtlinge – als willkommene Mitarbeiter. Die Auslese von Fachkräften und besonderer Talente unter den geflüchteten Menschen, die dauerhaft in Deutschland bleiben können, wird neben den administrativen Anforderungen eine der größten Hürden in der Gewinnung neuer Mitarbeiter sein. Die Eingliederung in die Mitarbeiter-Teams, Schulungen und Sprachkurse sind die nächsten Hauptaufgaben.

Broschüre “Potenziale nutzen – Geflüchtete Menschen beschäftigen” zum Pdf-Download

Good Morning, Hoteliers (24) – Hotelmanagement mit HOTELIER TV & RADIO - Digitalisierung bringt große Chancen für's Hotelmarketing - Neuer Wochengruss von Carsten Hennig: http://www.hoteliertv.netCarsten Hennig (44) ist Chefredakteur einer der auflagenstärksten Fachzeitschriften für das Hotel- und Gastromanagement, “gastronomie & hotellerie“, und Gründer von HOTELIER TV & RADIO. Er gilt als langjähriger genauer Beobachter der Tophotellerie und Spitzengastronomie und greift gelegentlich auch zu einer spitzen Feder.